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ADB:Ghistele, Josse van

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Artikel „Ghistele, Josse van“ von Wilhelm Heyd in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 145–146, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ghistele,_Josse_van&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:14 Uhr UTC)
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Ghistele: Josse (Jodocus) van G., Herr von Axel, Maelstede und Moere, entsproßte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts einem alten flandrischen Adelsgeschlecht. Als jüngerer Mann diente er im Heere Karls des Kühnen von Burgund, welcher ihm die Ritterweihe ertheilte (1464 oder 1467?), gegen das Ende seines Lebens, dessen Schlußjahr ebenso unbekannt ist, wie das Anfangsjahr, war er Rath und Kämmerer bei dem römischen König Maximilian und bei dessen Sohn Philipp. In seinen mittleren Jahren dagegen widmete er seine Kräfte der Stadt Gent, indem er daselbst zu wiederholten Malen Vorsitzender der ersten Schöffenbank war (als solcher erscheint er 1477, 1480, 1486, 1492) und endlich zwischen 1492 und 1494 die Stelle eines Groß-Bailli der Stadt bekleidete, welche schon sein Vater Gerard bis 1451 inne gehabt hatte. Dieses Wirken in Municipalämtern unterbrach er dadurch, daß er am 15. November 1481 eine Reise antrat. Zunächst war es blos auf eine Pilgerfahrt nach Rom und Palästina abgesehen. Aber als er in Köln ein Legendenbüchlein über die heiligen drei Könige zur Hand bekam, rief eine Stelle desselben in ihm den Entschluß hervor, die Reise bis zu dem Herrschaftsgebiet des Priesterkönigs Johannes (Abessynien) und bis zum Grab des Apostels Thomas in Indien auszudehnen. Er erreichte nun freilich weder das eine noch das andere. Denn einmal, als er, in Aden angelangt, das Ziel seiner Weiterreise verrieth, erwachte in dem dortigen Emir der Argwohn, es möchten dabei Anzettelungen zwischen der abendländischen Christenheit und jenem Priesterkönige zu Ungunsten des Islam mit im Spiele sein: so zwang er denn den kühnen Reisenden wieder durch das rothe Meer hinaufzufahren, über welches er herabgekommen. Und als G. im weiteren Verlauf der Reise nordwärts bis Tebris vorgedrungen war, faßte er abermals Indien und Abessynien als ein vermittelst des persischen Meerbusens erreichbares Ziel ins Auge; aber zu den übrigen Gefahren des Wegs gesellte sich damals noch eine in jenen Regionen herrschende Epidemie und so entschloß er sich ungern zur Umkehr nach Haleb. Trotzdem nun, daß ihm die fernsten Gebiete verschlossen blieben, gedieh doch seine Reise zu einer für jene Zeit sehr respectabeln Ausdehnung. Wol kannten viele der Zeitgenossen Syrien, Palästina und Aegypten, aber das rothe Meer zu durchsegeln war in Folge des Mißtrauens der Muselmänner damals nur sehr wenigen Europäern außer ihm vergönnt und mochte auch die Route von Haleb nach Tebris (über Bir, Hösnkeif, Wansee, Khoi und Marand) manchen Gliedern der abendländischen Kaufmannscolonie in ersterer Stadt geläufig sein, dieselbe näher beschrieben zu haben ist ein Verdienst, welches G. unter seinen Zeitgenossen nur mit dem Venetianer Giosafatte Barbaro theilt. Von Persien zurückgekommen segelte er an der Südküste Kleinasiens hin, machte eine ausgedehnte Rundfahrt durch den griechischen Archipel, besuchte dann die jonischen Inseln, Sicilien, Tripolis und Tunis und betrat erst bei Genua wieder das europäische Festland. Am 24. Juni 1485 war er zurück in Antwerpen, von wo er binnen Kurzem sein Besitzthum Moere bei Zuytdorp erreichte. Die Beschreibung der Reise, welche nach seinen Angaben sein Caplan Ambrosius Zeebout aufsetzte, kam erst lange nach seinem Tode erstmals im J. 1557 zum Druck. G. zeigt sich darin als ein Mann, der nicht blos selbst gut und scharf beobachtet, sondern auch voll Wißbegierde unermüdlich Erkundigungen einzieht über Alles, was ihm nicht unmittelbar vor die Augen kommt. Die Bilder, welche er von den Großstädten des Islam Kairo, Damaskus, Haleb, Tebris, Tunis entwirft, sind sehr beachtenswerth; was er von den Handelsgewächsen und Industrieproducten, von Karawanenstraßen und Schifffahrtslinien, von Stapelplätzen und Handelshäfen, von dem Leben und Treiben der fränkischen Kaufleute im Orient berichtet, gibt willkommenes Material für die Handelsgeschichte.

[146] Paquot, Mémoires pour servir à l’histoire littéraire des Pays-bas, T. 3 p. 589–591 (der Folio-Ausgabe). Schayes im Messager des sciences historiques de Belgique, 1836, p. 1–30. Saint-Genois, Les voyageurs belges du XIII au XVII siècle (1846), p. 155–192. Memorieboek der Stad Ghent 1301–1737, T. 1 p. 304. 314. 344. 362 f. 365. Dagboek der Gentsche Collatie p. 497. Die drei Drucke der Reisebeschreibung, welche sämmtlich zu Gent in den J. 1557, 1563 und 1572 veranstaltet worden, sind von Vanderhaeghen in seiner Bibliographie Gantoise, T. 1 (1858), p. 153. 162 f. 167 f. genau beschrieben; eine Editio princeps, angeblich zu Löwen im J. 1530 gedruckt, existirt nicht