ADB:Gerhard, Ludwig
Kohlreiff in ärgerliche (persönliche, nicht dogmatische) Streitigkeiten, und wurde 1712 deshalb an die Stadtschule zu Neustrelitz versetzt. Später finden wir ihn, bereits verheirathet, in Rostock, wo er von Vorlesungen lebte. An einer 1718 in der Jacobikirche für den erkrankten Pastor gehaltenen Weihnachtspredigt „Ueber die geistliche Geburt Jesu [774] in uns“, nahm die orthodoxe theologische Facultät Anstoß, weil er darin von dem Christus in uns more fanaticorum (mystisch-pietistisch) lehre, zugleich auch daran, daß er mit einem der reformirten Abendmahlslehre anhängenden Kammerrath Sturm freundlichen Umgang hielt. Die Facultät verhandelte mit ihm, konnte ihm zwar wenig anhaben, wol aber seine Stellung untergraben und bewirken, daß er keine Collegia (privatissima) mehr zu Stande brachte. Er begab sich nach Parchim, woher seine Frau stammte; die Aussicht, das schwerinsche Schulrectorat zu erlangen, zerschlug sich an dem von Rostock aus genährten Verdachte. Namentlich fand man in seinen früheren Aeußerungen auch eine verdächtige über die kirchliche Lehre von der ewigen Verdammniß. In der That trat G. jetzt, nachdem er, wie er sagt, erst in Parchim zur völligen Entschiedenheit für „die spottweis sogenannten neuen Evangelisten“ gekommen, mit einer umfänglichen Vertheidigung der Lehre „von der Wiederbringung aller Dinge“ hervor: „Systema άποχαταστάσεως, d. i. ein vollständiger Lehrbegriff des Ewigen Evangelii von der Wiederbringung aller Dinge“, 1727. 4. Das Buch, dem jene Rostocker Weihnachtspredigt und ein umständlicher Bericht über seine Verhandlungen mit der Rostocker Facultät angehängt ist, hat G. dem berühmten Jenaer Theologen J. Fr. Buddeus gewidmet. Der Verfasser bekannte sich hier ganz zu der Richtung des bekannten Mystikers und Apokalyptikers Petersen, den er als seinen geistlichen Vater liebe und verehre. Das Buch wurde in Mecklenburg confiscirt, der Autor vor das Rostocker Consistorium citirt, eine Fluth von Controversschriften erschien. G. verließ Mecklenburg und ist 1738 in Altona gestorben. An seine Hauptschrift schließt sich noch „Supplementa, d. i. gründliche Rettung und Vertheidigung etc.“, 1728 und „Kurzer Begriff des ewigen Evangeliums“, Altona 1729. 8. – Vgl. noch: Der theol. Facultät zu Rostock redliche und deutliche Entdeckung der offenbaren Unwahrheiten, welche M. L. Gerhard etc., Rostock 1728. 4.
Gerhard: Ludwig G., Mag., gebürtig aus Friedland im Herzogthum Mecklenburg-Strelitz, wurde 1709 Rector an der Domschule zu Ratzeburg (strelitzisch), gerieth hier bald mit dem Propst- J. G. Walch, Einleitung in die Religionsstreitigkeiten innerhalb der luther. Kirche III, 259–533. V, 421. Fortgesetzte Sammlung von alten und neuen theol. Sachen (Unschuld. Nachr.), 1728, S. 593 ff. u. die folgenden Jahrgänge an vielen Stellen.