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ADB:Gebhard (Bischof von Würzburg)

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Artikel „Gebhard, Bischof von Würzburg“ von Theodor Henner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 475–478, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gebhard_(Bischof_von_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 20:48 Uhr UTC)
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Gebhard, Bischof von Würzburg (1122–1127 und 1150–1159). Er stammte aus dem Geschlechte der Grafen von Henneberg; als Zeit seiner Geburt darf man den Uebergang vom 11. zum 12. Jahrhundert annehmen. Zum Zwecke wissenschaftlicher Ausbildung weilte er anfangs der zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts zu Paris; da traf ihn, der noch keine kirchliche Weihe empfangen, aus seiner Heimath ein Ruf, durch den er sich unvermuthet mitten in die damaligen kirchenpolitischen Kämpfe hineingezogen sah. Bischof Erlung von Würzburg war am 28. Decbr. 1121 gestorben. Kurz vorher hatte Kaiser Heinrich V. in Würzburg mit den Fürsten ein Abkommen getroffen, das zur Wiederherstellung des Friedens zwischen Staat und Kirche führen sollte, ein Abkommen, das vor allem in der Investiturfrage zunächst große Vorsicht und Zurückhaltung auferlegte. Trotzdem benutzte der Kaiser die Erledigung des Würzburger Stuhls, um hier sofort eine Neubesetzung vorzunehmen. Die wahrscheinlich im Februar 1122 unter seinem Einflusse vorgenommene Wahl fiel auf den jungen G., der, wie es scheint, einflußreiche Fürsprecher am Hofe hatte, und unbedenklich ertheilte ihm Heinrich sofort die Investitur. Im Gefolge des Hofs begab sich dann der Neugewählte nach Breitungen im Hennebergischen, wo eine Zusammenkunft mit Erzbischof Adelbert von Mainz stattfand, der ihm als Metropolit die Weihe in Aussicht stellte. Unterdessen hatte sich aber in Würzburg rasch eine Gegenpartei unter Führung des Dompropstes Otto gebildet, die den Canoniker Rudger zum Bischof wählte. Auch diese Partei setzte sich alsbald mit Erzbischof Adelbert in Verbindung, und bei einer Zusammenkunft an der Werra, wo auch die damals mit dem Kaiser auf gespanntem Fuße stehenden [476] Staufer Friedrich und Konrad, sowie Legaten des Papstes sich einfanden, wurde Rudgers Wahl bestätigt. Damit war das Zeichen zum Kampfe gegeben. Würzburg erscheint, wie so oft im 11. Jahrhundert, jetzt abermals in zwei feindliche Heerlager gespalten, und nicht etwa blos die engeren Würzburgischen Interessen, sondern ebensosehr die großen das Reich bewegenden Gegensätze waren es, die auf diesem Kampfplatze aufeinanderstießen. Zunächst faßte G. in Würzburg, wo er die Bürgerschaft für sich gewann, festen Fuß. Es kam im Sommer 1122 mit der Gegenpartei zu Kämpfen, die es letzterer räthlich erscheinen ließ, vorerst von weiteren Angriffen auf die Stadt abzustehen und die Weihe Rudgers im Kloster Schwarzach vorzunehmen. G. behauptete sich in der Stadt und Umgegend, Rudgers Gewalt erstreckte sich über den am Neckar liegenden Theil des Bisthums. Bald darauf gelang der Abschluß des langersehnten Friedenswerkes zwischen Kaiserthum und Papstthum; allein in dem würzburger Schisma wollte dadurch noch keine Lösung eintreten. Einen Theil der Schuld davon trug jedenfalls die eigenthümliche, mehrfach schwankende Haltung des Erzbischofs Adelbert, der Anfangs unter dem Druck der Gegenwart des Kaisers G. Versprechungen gemacht hatte, um sich hinterher auf die andere Seite zu schlagen; im September 1122 verwendete er sich beim Papste in einem Schreiben auf das Entschiedenste für Rudger. Dieser ungewisse Zustand währte, wie es scheint, ohne wesentliche Aenderung bis zum J. 1124, wo dann die Schlichtung des Streites aufs neue in Angriff genommen wird. Papst Calixt II., seit dem Friedensschluß stets zum Entgegenkommen geneigt, schien G. als dem Candidaten des Kaisers nicht abgeneigt. Er entsandte hauptsächlich wegen dieser Angelegenheit den Cardinalbischof Wilhelm von Präneste nach Deutschland. Auf einer deshalb stattfindenden Versammlung zu Worms im Sommer 1124 gewann, wenn man Gebhard’s eigenem Bericht Glauben schenken darf, dessen Sache erheblich an Aussicht. Allein auch Rudger war unterdessen nicht unthätig. Wol gerade Angesichts jener für ihn bedrohlichen Wendung eilte er nach Rom; er fand dort gute Aufnahme, aber, wie es scheint, keinen bestimmten Bescheid; und alsbald nach der Rückkehr wurde er das Opfer einer gerade herrschenden Epidemie im J. 1125. Damit trat Gebhard’s Sache um so gewisser in ein neues Stadium, als der im nämlichen Jahre erfolgende Tod des Kaisers überhaupt einen großen Umschwung herbeiführte. Erzbischof Adelbert war jetzt Angesichts dieser veränderten Lage nicht abgeneigt, für G. sich zu erklären, um, wie er selbst sagt, eine völlige Zerrüttung der würzburger Kirche zu verhüten. Eine Synode, die er auf den 18. Octbr. 1125 nach Mainz berief, sollte darüber entscheiden. Nach Gebhard’s Darstellung, der einzigen, die wir darüber besitzen, wurde ihm dort die Weihe in Aussicht gestellt, während nach einer andern allerdings schwer zu begründenden Vermuthung der Propst Embrico von Erfurt bereits damals zum Nachfolger auserlesen worden wäre. Bald darauf, wie es scheint, kam es jedoch in Würzburg selbst zu einem neuen heftigen Zusammenstoß der beiden Parteien. Den Gegnern Gebhard’s unter Führung des Dompropstes Otto gelang es, die Oberhand in der Stadt zu gewinnen; aber G. und seine Anhänger antworteten darauf mit Einäscherung der Vorstadt, Besetzung des Marienbergs und Verwüstung der Stiftsgüter. Gerade diese That hat indessen G. und seiner noch in der Schwebe befindlichen Sache mehr geschadet als genützt. Erzbischof Adelbert hatte wahrscheinlich schon gleich nach jener Mainzer Synode die Angelegenheit dem Papste vorgetragen. Jedoch Honorius II., der Nachfolger Calixt II., war einer von jenen Legaten, die ehedem der Weihe Rudgers beigewohnt hatten; er mochte daher von vorne herein G. wenig geneigt sein. Die Entscheidung der Curie fiel denn auch entschieden zu Ungunsten Gebhard’s aus. Eine vom 4. März 1126 datirte Antwort des Papstes gebot seine Entfernung. Jedoch G. hatte sich unterdessen [477] an König Lothar gewendet. Man beschied ihn auf einen Reichstag nach Straßburg, Herbst 1126, wo auch der mit Vollstreckung jener päpstlichen Sentenz betraute Cardinallegat Gerhard zugegen war. Noch einmal schienen sich hier für G. Aussichten zu eröffnen; Erzbischof Adelbert ertheilte ihm den Rath, seine Sache in Rom persönlich zu vertreten. Da führte ein neuer Gewaltstreich seiner Anhänger in Würzburg abermals eine ungünstige Wendung herbei. G. bekam durch denselben die Stadt in seine Gewalt, allein die, wie es scheint, sehr rasch dem noch versammelten Reichstag zukommende Kunde davon führte nun die Verhängung der Excommunication über G. herbei. Kaiser Lothar und Erzbischof Adelbert erschienen darauf selbst in Würzburg, wo der Bann gegen G. wiederholt wurde. Die Sache blieb immerhin ungefähr noch ein Jahr lang in der Schwebe, und Adelbert scheint noch einmal Unterhandlungen mit G. angeknüpft zu haben; nach des letzteren Angabe hätte es sich dabei sogar um einen Bestechungsversuch gehandelt. Gebhard’s Lage in der Stadt war aber doch in Folge jener Vorgänge eine unhaltbare geworden, so daß er es vorzog, sich auf seine Familiengüter zurückzuziehen. Bei einem weiteren Aufenthalte Lothars und Adelberts in Würzburg im folgenden Jahre 1127 fand endlich der lange Streit seine entscheidende Lösung, indem um Weihnachten der Propst Embrico von Erfurt (s. d. A.) zum Bischof gewählt und sofort auch investirt und geweiht wurde. Noch ein paar Jahre lang hat G. die Fortsetzung eines jedoch erfolglosen Widerstandes versucht. Gebhard’s Rolle war indeß mit dieser Niederlage in dem würzburger Bisthumsstreit noch keineswegs ausgespielt. Als es sich im April 1131 um die Neubesetzung des Trierer Erzstuhls handelte, da taucht sein Name plötzlich wieder auf; eine mächtige Laienpartei macht ihn zu ihrem Candidaten. Aber auch hier vermochte er nicht durchzudringen, indem bald darauf die Wahl des Albero von Montreuil erfolgte. Es war aber G. doch noch beschieden, am Abend seines Lebens das Ziel zu erreichen, um das er Jahre lang vergeblich gestritten hatte. Gegen Ende des Sommers 1150 starb zu Würzburg Embrico’s Nachfolger, Bischof Siegfried von Truhendingen, und noch im nämlichen Jahre erfolgte die Wahl Gebhard’s für den erledigten Stuhl. Daß dieser Neugewählte dem Hause der Grafen von Henneberg angehörte, wird in einigen Urkunden klar ausgesprochen; und der weiteren Annahme, daß er identisch sei mit jenem früheren gleichnamigen Bisthumscandidaten – eine schon von dem Würzburg’schen Chronisten L. Fries vertretene Anschauung – steht kein irgendwie triftiger Grund entgegen, um so weniger, wenn man das bei jener früheren streitigen Wahl noch sehr jugendliche Alter Gebhard’s in Betracht zieht. Ueber die inmitten liegenden Zeitpunkte aber (1131–1150) sind wir freilich bezüglich seiner Schicksale fast ganz im Unklaren; urkundliche Angaben führen auf die Vermuthung, daß er in dem zweiten Jahrzehnt zu Würzburg im Domstifte, vielleicht auch im Collegiatstifte Neumünster eine Würde bekleidete; auch scheint er den bischöflichen Titel noch längere Zeit nach seiner Absetzung geführt zu haben. – Wie dem aber sei, aus Allem, was wir nun von dieser späteren Regierung Gebhards wissen, tritt uns das Bild eines energischen, besonders auf Erweiterung der politischen Rechte des Hochstifts eifrig bedachten Kirchenfürsten entgegen. Wir dürfen ihn als den ersten unter jenen Bischöfen von Würzburg betrachten, die es versuchten, jene dem Würzburger Stuhl angeblich über Ostfranken verliehene Herzogsgewalt thatsächlich geltend zu machen. Er wollte das u. a. besonders dem Hochstift Bamberg gegenüber durchführen, allein es kam darüber zu einem Processe, in dem bald nach Gebhard’s Tod, im J. 1160 durch kaiserlichen Spruch zu Ungunsten jener würzburgischen Bestrebungen entschieden wurde. Aber auch sein bischöfliches Amt hat G. gewissenhaft verwaltet, wie das aus einer Reihe von Urkunden für kirchliche Institute hervorgeht. [478] Endlich hat G. auch seine Pflichten als Reichsfürst mit Eifer erfüllt. Schon bei den Vorbereitungen zur Wahl Kaiser Friedrich I. scheint er betheiligt gewesen zu sein, und wir begegnen ihm in der Folge häufig am Hofe dieses Kaisers. So begleitete er ihn im J. 1158 auf seinem zweiten Zuge nach Italien und nahm noch an dem Reichstag auf den roncalischen Feldern im November dieses Jahres Theil; da erfaßte ihn dort, wol im Vorgefühl seines nahen Endes, die Sehnsucht nach der Heimath. Mit des Kaisers Zustimmung begab er sich noch mitten im Winter 1159 auf die Heimreise, aber schon 7 Tage nach seiner Ankunft in Würzburg endete sein wechselvolles Leben, am 17. März (1159). – Die an G. gerichtete Widmung des berühmten Codex Udalrici im Jahre 1125 spricht dafür, daß er auch Sinn für litterarische Bestrebungen besaß. Daß er selbst die Feder gewandt zu führen wußte, zeigt seine der genannten Briefsammlung nachher ebenfalls einverleibte Vertheidigungsschrift aus dem J. 1127, eine Hauptquelle für jenen würzburger Bisthumsstreit, wenngleich als Parteischrift nur mit Vorsicht zu benützen.

Ussermann, Episcop. Wirceburg. S. 60 ff. 66 ff. Schultes, Diplomat. Geschichte des gräfl. Hauses Henneberg. Bd. 1. S. 39 ff. V. Hefele, Der Streit um das Bisthum Würzburg in den Jahren 1122–27 im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 9. Jahrg. Nr. 1–5. Giesebrecht, Kaiserzeit Bd. III u. IV.