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ADB:Ferdinand Wilhelm

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Artikel „Ferdinand Wilhelm“ von Albert von Pfister in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 710–711, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ferdinand_Wilhelm&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:05 Uhr UTC)
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Ferdinand Wilhelm, als zweiter Sohn des Herzogs Friedrich von Würtemberg-Neuenstadt hinterlassen, geb. am 12. Sept. 1659, zeigte schon in seiner ersten Jugend großes Talent für die mathematischen Wissenschaften, welche er insbesondere mit Rücksicht auf Kriegskunst verwerthete und hierin außerordentliches leistete. – Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Friedrich August machte er 1675 seinen ersten Feldzug am Rhein. Darauf begab er sich nach Dänemark, für welches er in Schonen im Felde stand. Einige Friedensjahre folgten, welche F. in Wien und am kleinen Hofe seines Vaters zu Neuenstadt verbrachte. Von da an aber wollte er beim Kampfe nirgends mehr fehlen und eilte nun von einem Kriegsschauplatz zum andern, überall als kühner Soldat, als ein in allen Diensten gern gesehener, geschickter und glücklicher Feldherr bekannt. Zunächst ging es wieder nach Dänemark, wo er sich im schwedisch-dänischen Kriege auszeichnete und 1682 Generallieutenant wurde. Jetzt aber rief die Noth Wiens und der Christenheit Oesterreichs die tapfersten Degen zusammen. F. fehlte nicht, eilte zum Heere des Herzogs von Lothringen und kämpfte in der Schlacht bei Wien am 12. Sept. 1683 mit. In Ungarn focht er in den Feldzügen der nächsten Jahre. Vor Neuhäusel erhielt er 1685 einen Schuß in die Stirne. Man verzweifelte anfangs an seiner Rettung, allein schon nach 14 Tagen stand er, obwol mit verbundenem Kopfe, an der Spitze der fränkischen Dragoner, führte sie zum Sturm auf Neuhäusel und kämpfte alle Schlachten mit bis 1687. Nun aber verlangte sein früherer Kriegsherr, der König von Dänemark, seine Dienste. Wilhelm von Oranien hatte 1688 den englischen Thron bestiegen, war aber noch mit der Aufgabe beschäftigt, Irland den Stuarts gegenüber mit Waffengewalt zu erobern. Dänemark hatte ihm dazu 7000 Mann Hülfstruppen versprochen. F. W. erhielt den Oberbefehl und stieß, 1690 in Irland gelandet, zu König Wilhelms Heer, das unter Marlborough, später unter General Ginkell stand. Schon im Juli 1690 in der Schlacht am Boynefluß hatte F. Gelegenheit, sich sammt seinem jüngeren Bruder Karl Rudolf auszuzeichnen und nun sah man die beiden würtembergischen Prinzen mit ihren Dänen überall vornean stehen, da wo es galt, und die Namen der vielen festen Plätze, welche in der Folge eingenommen wurden, sind enge verknüpft mit den Thaten des Bruderpaares. Zunächst fiel Cork, dann Kingsale und Baltimore. Die Wegnahme der ungemein festen Stadt Athlone am Shannon wurde nur durch die Kühnheit Ferdinands und seines Bruders ermöglicht, welche sich durch eine Furt des Shannon von den längsten Grenadieren hinübertragen ließen im Angesicht des ganzen Heeres. Dieses folgte und so gelang eine Umgehung und Athlone mußte sich ergeben. – Die Belagerung von Galloway und Limerick zeugten aufs neue von der Kriegskunst des Herzogs. Ganz Irland war jetzt erobert und alle Stimmen im Heere waren einig darin, daß zum guten Ausgang der Sache Herzog F. am meisten beigetragen habe. König Wilhelm dankte ihm mit den Worten: „Nächst Gott verdanke er die Wiedergewinnung Irlands der Tapferkeit, Klugheit und den treuen Diensten des Herzogs F. W. und dem Heldenmuthe seines Bruders.“ Als F. nach London kam, vergötterte ihn das Volk unter dem tausendstimmigen Ruf: „Es lebe der Herzog von Würtemberg!“ Keine Ruhe aber kannten die beiden Helden. Sie zogen nach den Niederlanden, wo sie 1692 in der Schlacht bei Steenkerken mit heldenhafter Tapferkeit fochten, F. W. an der Spitze seiner Dänen, der schottischen und englischen Garde. In den Jahren 1693 und 94 trieb er die Franzosen bis Arras und Ryssel zurück und brandschatzte die feindlichen Grenzprovinzen, wobei er sich in demselben [711] Maße edel und uneigennützig zeigte, als er tapfer war. Vor Villeroi’s Uebermacht wußte er sich 1695 mit viel Geschick und fast ohne allen Verlust zurückzuziehen. Mit Ehren wurde er überhäuft und zum General der dänischen und holländischen Infanterie ernannt. Eigenthümlicherweise wird Herzog F. W. bei Macaulay VII, 146 „Herzog Karl Friedrich“ genannt. Der Herzog war nun – eine hohe, stattliche Figur mit durchdringendem Blick – mehr als 20 Jahre lang fast ununterbrochen im Felde gestanden und hatte sich neben seinem Feldherrngeschick ebenso geschätzt gemacht durch seine tiefe Kenntniß der Staatsgeschäfte und seine Erfahrungen in den Wissenschaften. Nach dem Frieden von Ryswik endigte seine kriegerische Laufbahn im Großen. Er führte zwar noch ein Commando über die sächsisch-polnische Armee in der Ukraine, legte es aber nieder, da er von der Regierung im Stich gelassen wurde; auch für seinen alten Herrn, den König von Dänemark, kämpfte er noch 1700 in Holstein. Nun aber begann seine Friedensarbeit, indem er in Dänemark die zweckmäßigsten Pläne ausarbeitete zur Hebung der Landesmacht. In Sluis in den Niederlanden, wo er Gouverneur war und durch seine gerechte und unparteiische Verwaltung die Liebe aller Bürger gewonnen hatte, befiel ihn ein schmerzhaftes Augenübel, das seine Ursache in der bei Neuhäusel empfangenen Stirnwunde hatte; Schlaganfälle und Krämpfe kamen dazu und am 7. Juni 1701 starb der tapfere Feldherr, aufs tiefste von seinen Kampfgenossen in den Niederlanden, in England und Dänemark betrauert.