ADB:Fürstenberg, Friedrich II. Graf zu
Grafen Wilhelm (s. u.), Landgraf in der Baar, geb. 19. Juni 1496, † am 8. März 1559, begraben zu Bettenbrunn. Der Stellung seines Vaters als Hofmarschall des Königs Maximilian verdankte es der Knabe, daß er 1505 als Gesellschafter der um 4 und 7 Jahre jüngeren Prinzen Karl und Ferdinand an den königlichen Hof in Brabant, vielleicht auch nach Spanien kam, und die Erziehung mit dem späteren Beherrscher der halben Welt und dessen Nachfolger theilte. Voll Freude über die Fortschritte des Zehnjährigen schrieb der Vater 1506 an seine Gemahlin: Unser Friedrich lernt gut Wälsch und Latein, kann singen, tanzen, auf dem „Clafacordy“ spielen, ist beliebt beim Erzherzog, geschickter, als ich mich zu ihm versehen hätte, und ohne Zweifel, fährt er fort wie angefangen, so wird ein großer Herr aus ihm werden. In der That gewann F. am Hofe der Prinzen nicht nur fördernde Verbindungen, sondern auch den weiten geistigen Gesichtskreis und die überlegene Gewandtheit der Rede und Umgangsformen, wodurch er sich unter seinen schwäbischen Standesgenossen auszeichnete. Dieselben fanden später ihren Vortheil darin, ihm ihre Vertretung auf den Reichstagen zu übertragen, und räumten ihm auch sonst vielfach die Stellung eines Führers ein. Einen wohlberedten Grafen und der sein Lebtag in allerhand Sachen viel gebraucht worden, nennt ihn die Zimmerische Chronik. Ueber die väterlichen Lande schloß er mit seinem Bruder wechselnde Abkommen, die bald auf Theilung, bald auf gemeinsamen Besitz, bald auf Alleinregierung des einen, bald des andern lauteten. Merkwürdig, welchen Gegensatz er durch maßvolleren Charakter wie durch politische und religiöse Stellung zum Bruder bildete. Gleichwol verstand er immer wieder ein freundschaftliches Verhältniß mit ihm anzubahnen, und setzte wiederholt zu seinen Gunsten große Anstrengungen ein; was der Zimmerische Chronist von der Zwietracht der Brüder erzählt, ist theils übertrieben, theils erfunden. Im Beginne seines öffentlichen Auftretens befand sich F. wol noch im Schlepptau des älteren Wilhelm, und darauf wird die allem Anschein nach nicht bedeutende Unterstützung zurückzuführen sein, die er dem Unternehmen Sickingen’s widmete. Später ist er stets für die Erhaltung des Bestehenden in Staat und Kirche und für die Interessen des Reiches und Habsburg’s aufgetreten. Mit letzterem ist er ebensowol den Traditionen der Ahnen gefolgt, als vorbildlich für die Mehrzahl der Nachkommen geworden: in kaiserlichen und habsburgischen Diensten meist gegen Frankreich sind vom Tage von Sempach bis zu dem von Dresden fünfzehn Angehörige des Hauses Fürstenberg den Heldentod gestorben. War Fürstenberg’s Begabung auch vorwiegend staatsmännisch und diplomatisch, so zählt er [220] doch auch zu den namhaftesten Kriegsmännern seiner Zeit. Unter seinem Befehl im Feldzuge von 1521 in der Champagne und Picardie hat Sebastian Schertlin von Burtenbach seine kriegerische Laufbahn begonnen. Im Bauernkriege brachte Friedrich im Verein mit seinem Bruder über 3000 Landsknechte auf, mit denen er sich durch die Aufständigen den Weg zum Heere des Truchsessen bahnte. Er befehligte dort die österreichischen Reisigen und ward am 28. Februar 1525 bei dem gelungenen Ueberfall auf Dotternhausen bei Balingen verwundet. Mittlerweile wurden von den Bauern, die auf ihn besonders erbost waren, alle seine Schlösser und Dörfer eingenommen, geplündert und zum Theil niedergebrannt. Da er sich bewegen ließ, seine Lande ihrem Schicksal zu überlassen, um das Heer des Truchsessen nicht zu schwächen, wurde ihm Schadenersatz in Aussicht gestellt, aber, wie er 1539 dem Kaiser klagt, nicht geleistet. Er berechnet seinen damaligen Schaden auf 25–30,000 fl. und von dort rührten wol vornehmlich die schweren Schulden, die ihn lange bedrängten. Aus diesen befreite ihn 1534 das Erbe Christophs, des letzten Grafen von Werdenberg, dessen Tochter Anna er 1516 heimgeführt hatte. Wiewol ihm ein Theil der Erbschaft, Sigmaringen und Veringen, entzogen ward – wider die Billigkeit, wie auch ein Friedrich nicht wohlgesinnter Berichterstatter urtheilt – so blieb ihm doch ein stattlicher Rest in der Grafschaft Heiligenberg und den Herrschaften Jungnau und Trochtelfingen. Durch Kauf erwarb er u. a. die Herrschaften Blumberg und Möhringen. Nach der Auflösung des schwäbischen Bundes bemühte er sich, dem Vordringen der Evangelischen in Oberschwaben ein Defensivbündniß des Adels, der Stifter und Städte seiner Nachbarschaft entgegenzusetzen. Eine Einigung scheint in der That im Frühjahr 1534 auf einem Tage zu Meßkirch erzielt worden zu sein, doch läßt sich nicht nachweisen, daß der kleine Bund politisch thätig eingegriffen hat. Fast in allen Kriegen Karl’s V. bekleidete er hohe Befehlshaberstellen, 1532 führte er 10,000 Landsknechte gegen die Türken, 1536 erscheint er als kaiserlicher Rath und Hauptmann über 400 Reisige und mit der Werbung von etlichen Tausend Fußknechten betraut. Auf dem Wormser Reichstage von 1544 war er als kaiserlicher Commissär bestellt.[1] Aus seiner Ehe erwuchsen 15 Kinder, von denen ihm sieben im Tode vorangingen, zwei, Wolfgang und Egon in Kämpfen gegen Frankreich auf dem Felde der Ehre blieben. Fügen wir zur Vervollständigung seines Charakterbildes bei, daß er sich in sittlicher Beziehung nicht tadelfreier hielt als die Mehrzahl seiner Zeitgenossen, daß er ein lustiger Zecher war und immer voll von guten Schwänken und abenteuerlichen Geschichten, die er mit vielbewunderter Anmuth zu erzählen verstand. Die Rüstungen Friedrichs und seines Bruders Wilhelm als hochberühmter Kriegsmänner erbat sich später Erzherzog Ferdinand für seine Amraser Sammlung; mit dieser wird jetzt die erstere im Belvedere in Wien bewahrt.
Fürstenberg: Graf Friedrich II., Bruder des- Ungedruckte Quellen im Donaueschinger Archiv. Zimmerische Chronik (Friedrich mißgünstig gesinnt und vorsichtig aufzunehmen). Schertlin’s Selbstbiographie. Riezler, Graf F. II. v. F. als Stifter eines katholischen Schutzbündnisses, Zeitschr. f. Gesch. d. Breisgaues, II. Münch, Gesch. des Hauses Fürstenberg (unzuverlässig).
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 220. Z. 22 v. u. l.: bestellt; auf dem Regensburger Religionsgespräch von 1546 ward er vom Kaiser zum zweiten Vorsitzenden ernannt (vgl. Pastor, Die kirchlichen Reunionsbestrebungen während der Regierung Karls V., S. 313). [Bd. 11, S. 794]