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ADB:Engelmann, Wilhelm

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Artikel „Engelmann, Wilhelm“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 378–379, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Engelmann,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:21 Uhr UTC)
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Engelmann: Wilhelm E., Buchhändler zu Leipzig, einer jener Männer, die weniger aus ursprünglicher Liebe und Neigung als durch Verhältnisse veranlaßt wurden, sich dem Buchhandel zu widmen. Sein Vater betrieb in Lemgo eine Buchhandlung, und hier wurde E. am 1. August 1808 geboren. Später siedelte sein Vater nach Leipzig über, und der Sohn, noch ein Knabe, besuchte hier die Thomasschule in der Absicht, sich dem Gelehrtenberufe zu widmen. Infolge des frühzeitigen Todes seines Vaters sollte sich dieser Plan jedoch nicht verwirklichen. Die dadurch knapper gewordenen Mittel zwangen ihn, auf eine frühere Selbständigkeit Bedacht zu nehmen, und so entschloß er sich, dem Buchhandel sich zuzuwenden. Er hat diesen Entschluß nicht zu bereuen gehabt, denn ihm war es vergönnt, sich eine Stellung innerhalb dieser Berufssphäre zu verschaffen, wie sie nur Wenigen erreichbar ist. Seine Lehrzeit genoß er bei Th. Chr. Fr. Enslin in Berlin und bei diesem alten ehrenwerthen und ehrenfesten Manne legte er die Grundlage für sein gesammtes ferneres ersprießliches Wirken. Unter dessen persönlicher Leitung gewann er eine tüchtige Ausbildung, wie er auch freundliche Aufnahme im trauten Familienkreise seines Lehrherrn fand. Der lebhafte Verkehr, welchen die Enslin’sche Buchhandlung mit einer großen Anzahl hervorragender Gelehrten unterhielt, war von wohlthuendem Einfluß auf die empfängliche Natur Engelmann’s und manches freundschaftliche Verhältniß hat sich später daraus entwickelt. Hier auch empfing er die erste Anregung zur späteren Bearbeitung [379] seiner buchhändlerischen Fachkataloge, denn sein Lehrherr hatte selbst eine Reihe derartiger Fachwerke herausgegeben. Nach beendeter Lehrzeit war E. in dem angesehenen Geschäft von J. G. Heyse[WS 1] in Bremen thätig, woselbst ihm auch Gelegenheit geboten wurde, ausführlichere Kenntniß vom Druckereiwesen zu erlangen. Nach einem weiteren Aufenthalte bei Gerold in Wien und Varrentrapp[WS 2] in Frankfurt a. M. kehrte er 1833 wieder nach Leipzig zurück und trat nunmehr ins väterliche Geschäft ein, das durch seine rührige Kraft bald neues Leben und neuen Aufschwung erhielt. Er entwickelte eine staunenerregende Thätigkeit. Seine frühere Bekanntschaft mit Gervinus bekam jetzt praktischen Werth, indem er dessen berühmte Werke verlegte. E. pflegte vornehmlich Philologie, Medicin und Naturwissenschaften und die große Reihe hervorragender Geister, welche zu seinen Autoren zählten, verliehen seinem Geschäft einen Aufschwung und ein Ansehen, daß es zu den ersten Verlagshäusern gehörte. Die großen Erfolge, welche er mit den Werken eines G. Weber, Gervinus, Heusinger von Waldegg[WS 3], Kölliker[WS 4] erzielte, begründeten seinen Wohlstand. Hier stand er auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Bei seinem Heimgange am 23. December 1878 verschied eine Zierde des deutschen Buchhandels. Sein Wirken fand Anerkennung durch Verleihung des Doctortitels honoris causa seitens der Jenenser Universität, einer Ehre, der er sich mit Berechtigung freuen durfte. Eine treue Stütze hatte Wilhelm E. an seinem Bruder Theodor E. gefunden, der in den Jahren 1852–76 ihm als Procurist zur Seite stand. – Nach dem Tode Dr. W. Engelmann’s kam das Geschäft an seine Wittwe und seinen Sohn Dr. Rud. Engelmann, welch’ letzterer, unfreiwillig wie sein Vater, Buchhändler wurde, denn er hatte die wissenschaftliche Carrière bereits mit Erfolg betreten. Von Beruf Astronom, hatte er sich als Observator der Leipziger Sternwarte bereits einen Namen erworben; der Tod seines Vaters und später der seines Bruders Paul rief ihn an die Spitze des verwaisten Hauses, dem er nunmehr seine Kraft widmen mußte, ohne jedoch ganz dem Gelehrtenberuf zu entsagen. Er führte dem altberühmten Hause viele hervorragende Verbindungen zu, aber der schaffensfreudige Mann erlag zu früh den vielen Obliegenheiten, die seine Stellung und sein Beruf für ihn in sich schlossen. Im J. 1888 entriß ihn der Tod plötzlich seinem Wirkungskreise. Von ihm ging das Geschäft an seine Wittwe über, die den seitherigen Procuristen Emanuel Reinicke als Theilhaber aufnahm und mit ihm die Firma den alten Traditionen gemäß weiterführt.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Georg Heyse († 1833), deutscher Buchhändler und Verleger. Siehe den Artikel über ihn in der Wikipedia.
  2. Franz Varrentrapp (1776–1831), deutscher Buchhändler und Verleger in dritter Generation. Nach dem Tode der Wittwe wurde der renommierte Frankfurter Verlag 1834 verkauft.
  3. Edmund Heusinger von Waldegg (1817–1886), deutscher Maschinenbau-Ingenieur und Eisenbahn-Pionier. Siehe den Artikel über ihn in der Wikipedia.
  4. Albert von Kölliker (1817–1905), schweizer Mediziner. Siehe den Artikel über ihn in der Wikipedia.