ADB:Dobmayr, Marian
Kant-Herder’schen Bildungsepoche unter eklektischer Herbeiziehung und sporadischer Verwerthung mancherlei anderweitiger älterer und neuerer philosophischer Gedankenelemente. Uebrigens bekundet eben dieses Verfahren, daß ihm ein methodischer Betrieb der philosophischen Speculation fremd blieb, wie denn überhaupt das rationale Element das ideale in seinem Denken entschieden überwog; daher denn auch das Werk trotz aller Klarheit seiner Unterscheidungen und der ihm so beliebten dichotomischen Theilungen zu keiner rechten Rundung und systematischen Geschlossenheit gelangen wollte. Jene Wechseldurchdringung des rationalen und gläubigen [275] Denkens, wie sie von der späteren speculativen Dogmatik angestrebt wurde, darf bei ihm nicht gesucht werden; wol aber bildet sein Werk ein bedeutsames Zwischenglied in der Herüberführung der systematischen Theologie aus ihrer älteren Behandlungsart in die dem Tone der neueren Bildung angemessene Darstellungsweise, und behauptet aus diesem Grunde in der Entwicklungsgeschichte der katholischen Theologie Deutschlands eine bleibende Stelle.
Dobmayr: Marian D., geb. 1753 zu Schwandorf in der Oberpfalz, trat zuerst in den Jesuitenorden, dann in den Benedictinerorden, wurde 1781 Professor der Philosophie in Neuburg a. d. D., 1787 Professor der Theologie in Amberg, 1794 Professor der Dogmatik in Ingolstadt, und starb 1805 zu Amberg. Das nach seinem Tode durch Th. P. Senestrey veröffentlichte „Systema theologiae catholicae“ (Sulzbach 1807–19; 8 Bde.) entspricht zwar nicht dem, was man heutzutage unter einer in echtkirchlichem Stile angelegten Dogmatik versteht, war aber für seine Zeit eine hervorragende Erscheinung auf dem Gebiete der katholischen Theologie, und zeugte eben so sehr von dem klaren und besonnenen Denken als auch von dem gebildeten Sinne des zeitverständigen Verfassers. Gleich anderen Werken derselben Epoche hat es die Idee vom sittlichen Gottesreiche zu seinem Grundgedanken, als dessen doctrinelle Ausführung das Werk sich gibt. Der dasselbe durchklingende Ton ist jener der- Vgl. Wiener Jahrbücher 1818, 3. Bd.; Tübing. Quartalschrift 1819, 3. Heft.