Zum Inhalt springen

ADB:Comander, Johannes (2. Artikel)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Komander, Johann“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 497–498, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Comander,_Johannes_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 16 (1882), S. 497–498 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johannes Comander in der Wikipedia
Johannes Comander in Wikidata
GND-Nummer 118713841
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|16|497|498|Komander, Johann|Julius August Wagenmann|ADB:Comander, Johannes (2. Artikel)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118713841}}    

Komander: Johann K. (Dorfmann),[WS 1] Reformator von Graubünden, geb. vor 1490 wahrscheinlich im Rheinthal, † im Januar 1557 in Chur. Ueber seine Jugendjahre weiß man nichts, als daß er frühe mit Zwingli bekannt und c. 1523 Pfarrer zu Igis in Graubünden war. Nachdem am 4. April 1524 von dem Bundestag der drei räthischen Bünde der sog. Artikelbrief angenommen und damit der erste Schritt zu kirchlichen Reformen gethan war (s. Leu, Schweiz. Lexikon I, 353): wurde K. vom Rath nach Chur berufen, um statt des katholischen Domdekans das Pfarramt zu verwalten und insbesondere das reine Gotteswort zu predigen. Damit war ihm die feste Stellung angewiesen, in der er 33 Jahre lang mit unermüdetem Eifer die evangelische Lehre verkündigen und zur Förderung und Befestigung der Reformation in Graubünden erfolgreich mitwirken konnte. Von Zwingli als ein treuer, wohlgelehrter Prediger aufs wärmste empfohlen, von den Gegnern der Reformation angefeindet und lebensgefährlich bedroht, vom Rath und den Bürgern beschützt, vom Domcapitel im Dec. 1525 als „Ketzer, Rotter und Sekter“, als Sakramentsschänder, Schriftverdreher und wegen vieler anderer Sachen bei den Bundesherren aufs Leidenschaftlichste angeklagt, vertheidigt er seine und seiner Mitprädikanten Lehre und Predigt ebenso kräftig als bescheiden und erbietet sich, die Schriftmäßigkeit seiner Lehre in einer öffentlichen Disputation zu erweisen. Diese wurde auf den 7. Januar 1526 nach Ilanz anberaumt; K. verfaßte dafür 18 Thesen oder Schlußreden, die er im Druck erscheinen ließ (s. dieselben bei Bullinger I, 315; auszugsweise bei Pestalozzi a. a. O.). Die Gegenpartei, an ihrer Spitze der bischöfliche Vicar und Abt von St. Lucien, Theodor Schlegel, suchte das Gespräch erst zu hintertreiben, dann es so hinzuziehen, daß K. fast gar nicht zum Wort kam, weshalb er sich schließlich genöthigt sah, wider dieses Verfahren und wider die voreilige Aufhebung des Gesprächs zu protestiren (siehe den Bericht des Augenzeugen Sebastian Hofmeister bei Füßlin I, 337 ff.). Dennoch war der Erfolg im Ganzen ein für die Sache der Reformation günstiger: sieben Priester traten derselben bei, K. war von der gegen ihn erhobenen Anklage befreit und konnte ungehindert fortwirken. Der Bundesrath, unter österreichischem Einfluß stehend, gestattet zwar freie Predigt, will aber Beibehaltung der alten Bräuche. K. fängt dennoch an, das Abendmahl nach reformirtem Ritus auszutheilen und bald wurde in den meisten Gemeinden Graubündens die katholische Messe abgethan. Ein neuer Bundestag zu Davos, um Pfingsten 1526, gewährt Glaubens- und Cultusfreiheit, ein sog. zweiter Artikelbrief (im Juni 1526) bestätigt diese, beschränkt die bischöfliche Gewalt und stellt die Reformation sicher. K. sucht diese auch innerlich zu befestigen, sorgt für Verbesserung des Schulwesens, lernt selbst noch hebräisch, correspondirt mit Zwingli, kämpft gegen Wiedertäuferei und Reislaufen, beantragt 1537 im Einverständniß mit Bullinger die Einführung einer Synode, verfaßt einen Katechismus, der [498] später auch ins Romanische übersetzt wird, hilft mit bei der Abfassung der Confessio Rhaetica 1522, bekämpft den durch italienische Flüchtlinge in Graubünden eindringenden Antitrinitarismus und bemüht sich besonders um das Gedeihen des 1543 in Chur errichteten Gymnasiums. Nachdem er 1556 vor dem Bundestag noch eine feurige Predigt wider das Papstthum gehalten, starb er zu Anfang 1557.

Zwingli’s Werke und Briefe, Bd. 7 und 8; Bullinger, Ref. Gesch. I, 315; Keßler’s Sabbata ed. Götzinger II, 21 ff.; Anhorn, Graub. Ref. Gesch. 1681. S. 31 ff.; De Porta, Hist. ref. eccl. Rhaet. 1772. I, 1, 146 ff.; Sulzberger, Gesch. der Ref. in Graubünden, 1880; ferner die Werke über schweiz. Reformationsgeschichte von Hottinger, Kind, Trechsel, Füßlin, Meyer etc., und die beiden Artikel der theol. Real-Encykl. von K. Pestalozzi, 1. Aufl. Bd. XIX, von B. Riggenbach, 2. Aufl. Bd. VIII.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 4 ein weiterer Artikel.