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ADB:Cobergher, Wenceslas

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Artikel „Cobergher, Wenceslas“ von Adolphe Siret in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 371–372, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cobergher,_Wenceslas&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 07:10 Uhr UTC)
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Band 4 (1876), S. 371–372 (Quelle).
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Cobergher: Wenceslas C. (Coeberger), geb. in Antwerpen, gest. in Brüssel, ein Mann von universalem Genie, denn er war zugleich Historienmaler, Architekt, Dichter, Ingenieur, Nationalökonom, Antiquar und Numismatiker. Das Dunkel in Betreff der Zeit seiner Geburt wurde erst durch neuere Forschungen einigermaßen aufgehellt; die Archives des Arts von 1860 setzen sein Geburtsjahr auf 1561; die Antwerpener „Liggeren“ Lief. 3 S. 252 auf 1556 oder 57; der Genter Messager des sciences hist. auf 1560. Ebenso schwanken die Angaben über sein Todesjahr zwischen 1630, 34 und 35. – 1573 war C. Schüler des älteren Martin de Vos. Es heißt, daß eine unerwiederte Liebe zu der Tochter seines Meisters der Anlaß zu seiner Reise nach Italien ward; wenn dem so ist, so hatte dieser Liebesgram wenigstens eine glückliche Folge. Dem sei wie ihm wolle; er ging jedenfalls zunächst nach Paris, wo wir ihn 1579 finden. Hier beendete er seine Lehrzeit. Damals starb seine Mutter Katharina Raems; ihr Testament belehrte den Sohn über seine illegitime Geburt. Schmerzlich davon ergriffen erbat und erhielt er von Philipp II. einen Legitimationsbrief. Nach den Antwerpener Schöffenbriefen wäre C. 1583 in seine Vaterstadt zurückgekehrt. Im selben Jahre reiste er nach Italien. In Neapel, wo er sich niederließ, fand er seinen Landsmann Jean Franck. C. wohnte bei ihm, und, glücklicher als im Hause seines alten Meisters, heirathete er die Tochter seines Wirthes. Doch war er schon wieder Wittwer, als er nach Rom übersiedelte. Hier verheirathete er sich zum zweiten Mal. – C. war ein sehr unterrichteter Mann; er sprach vlämisch, französisch und italienisch. Mit großen Kosten erwarb er sich ein Münzcabinet. Er erfreute sich eines sehr großen Rufes. Mit seinen Malereien stattete er die Kirchen Roms und Neapels aus. In Neapel studirte er auch die Architektur, in der er es bis zum Festungsbau brachte. Sein sich ausbreitender Ruf veranlaßte den Erzherzog Albrecht, ihn unter vortheilhaften Anerbietungen in die Heimath zurückzurufen. Nach den „Liggeren“ war C. schon 1604 wieder in Antwerpen und 1605 ward er durch Patent zum „architect et ingenieur des Archiducs“ ernannt. Von da an hat er seine größten Arbeiten geschaffen. 1630 zog er sich, über 70 Jahre alt, in den Ruhestand zurück. Werfen wir einen Blick auf seine Arbeiten, um uns zu fragen, wie weit man den bewundernden Lobsprüchen seiner Zeitgenossen beistimmen kann. Den Grund seines Ruhmes legte sein noch in Rom gemalter heil. Sebastian; das mit lautem Beifall aufgenommene Bild kam zunächst in die Antwerpener Kathedrale, von wo es die Franzosen in das Museum von Nancy entführten; dort befindet es sich noch. Ohne Zweifel hat C. in Rom und Neapel, namentlich im Hause seines Kunstgenossen Jean Franck zahlreiche Werke geschaffen, doch besitzen wir von ihm weiter nichts aus dieser Zeit. Im Brüsseler Museum findet sich eine Grablegung von 1605; aus demselben Jahre ist in der Antwerpener Kirche St. Jacques ein Bild: Constantin der Große anbetend vor dem von der heil. Helene gehaltenen Kreuz. Obwol bezeichnet und datirt, ward dies Bild dennoch irrigerweise dem Wilh. Kerricx zugeschrieben; es steht an Werth über den andern Bildern Cobergher’s. Aus dem J. 1616 stammen drei Bilder: eine Geburt Christi, eine Heimsuchung der heil. Elisabeth und ein St. Hubert im Bischofsornat. Endlich findet sich noch eine heil. Familie mit Engeln. – Seiner Festungsbauten haben wir schon gedacht; in Italien [372] beschäftigte er sich auch mit Wasserbauten. In Flandern führte er die Oberaufsicht über die Festungswerke. Ihm dankt man auch die Trockenlegung des marais des Moëres durch Ableitung des Wassers ins Meer. – Als Oekonomist machte er sich durch die Einführung der Montes pietatis in seinem Vaterlands verdient, über die er in zwei Werken handelte: „Opregting van de Berghen van Bermherticheyd“ und „Becherm-redenen van de Berghen van Bermherticheyd“. – Als Gelehrter gab er außer seinem Münzcabinet und den Abbildungen dazu einen „Tractatus de pictura antiqua“. Als Kupferstecher kennen wir ihn nur aus einem Werk: die Jungfrau mit dem Christuskinde auf dem Schoß. Am meisten ist C. in späterer Zeit als Architekt bewundert worden, doch sind ihm manche Werke mit Unrecht zugeschrieben. Die Carmeliterkirche in Brüssel, 1785 zerstört, ward 1607 von ihm erbaut. Das Schiff ist groß, der Stil nicht überladen, die Façade harmonisch gedacht und ausgeführt. Von geringerem Werth ist die Kirche von Montaigu. Ueber Cobergher’s Kunst als Maler gehen die Urtheile weit auseinander. Seine Zeitgenossen erhoben ihn überschwänglich; Weyerman geräth in Entzücken vor dem heil. Sebastian. Graf Clement de Ris dagegen in seinen Muses de province I. 1. p. 22 nennt die Zeichnung darin trocken, ohne Bewegung und Geschick, spricht auch der Grablegung jeden Werth ab. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen. Cobergher’s Gemälde zeigen des De Vos Wahrheit und Naturalismus, zugleich aber auch seine mehr eckigen als steifen Formen. Nur indem dieser Fehler in die Augen springt, verdunkelt er das Verdienst der Zeichnung und Kunst. Cobergher’s Porträt ist von van Dyck gemalt und gestochen von Luc Vorsterman: „Grand Souvenir d’un grand homme“.

Biogr. nat. de Belgique.