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ADB:Christiani, Wilhelm Ernst

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Artikel „Christiani, Wilhelm Ernst“ von Henning Ratjen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 214–216, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christiani,_Wilhelm_Ernst&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:25 Uhr UTC)
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Christiani: Wilhelm Ernst Ch., geb. 1731, war der Sohn des Apothekers Konrad Ch. in Kiel; er besuchte die Kieler Gelehrte Schule, ward 1748 in Kiel Studirender der Theologie, studirte dann in Jena, wurde in Rostock 1757 Magister oder, wie wir jetzt sagen, Doctor der Philosophie, und 1758 Mitglied der herzoglich teutschen Gesellschaft in Jena. Nach Kiel zurückgekommen, ward Ch. hier nostrificirt oder nach gehaltener Disputation als Doctor anerkannt; er präsidirte bei mehreren Disputationen und wurde 1761 außerordentlicher Professor des Naturrechts und der Politik, 1764 ordentlicher Professor in diesen Fächern [215] und Bibliothekar. Der Professor der Beredsamkeit und Poesie Schwanitz war lange krank, an seine Stelle wurde der bekannte Philologe Wilh. Aug. Ernesti erwartet und sein Kommen nach Kiel in dem index scholarum zum Sommer 1765 angekündigt, er kam aber nicht; 1766 wurde unser Ch. zu seinen andern Fächern Professor der Beredsamkeit und Poesie, und als Köhler 1769 nach Göttingen gegangen war, 1770 auch Professor der Geschichte. Im Wintersemester 1770 war Ch. der einzige Professor der Kieler philosophischen Facultät. Ch. zeigte eine große Thätigkeit; außer den vielen Vorlesungen, die er zu halten hatte, schrieb er als Professor der Eloquenz jährlich vier Festprogramme, zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Michaelis, das Michaelisprogramm fiel 1770 weg und die drei andern Programme wurden zum Theil zwei Collegen zugewiesen. Auch zum Geburtstage des Landesherrn und zu andern Festlichkeiten hatte der Professor der Beredsamkeit Programme zu schreiben und Reden zu halten. Die Anordnung des Herzogs Friedrichs IV. von 1701, daß alle Wochen, von 1707, daß alle vierzehn Tage nach Ordnung der Facultäten eine öffentliche Disputation gehalten und dazu auf öffentliche Kosten eine lateinische Abhandlung des Decans gedruckt werde, ward nicht lange gehalten, aber ich finde doch von Ch. zwei Fridericianische Disputationen oder Dissertationen aus den Jahren 1764 und 1769, zwei Kieler Studirende sollten unter Christiani’s Präsidio über diese Abhandlungen disputiren. Ch. und sein College C. E. L. Hirschfeld stifteten 1773 eine litterarische Societät, welche eine Lesegesellschaft bezweckte. Von Mitgliedern der Societät wurden auch Reden gehalten, namentlich von Ch. Von den vielen Programmen, Reden und Denkschriften Christiani’s darf ich, des beschränkten Raumes wegen, nur wenige hervorheben. Die Rede zum Geburtstage des Großfürsten, gehalten 1767, „Von dem wahren Begriff der herrschenden Religion eines Staates“ wurde 1775 wieder gedruckt mit Christiani’s zuerst 1767 erschienener Schrift: „Die gute Sache der Dissidenten in Polen“. Ein Zweikampf in Kiel zwischen zwei Studirenden, dem Grafen Magnus v. Stolberg und einem Livländer, kam zur Untersuchung des akademischen Consistorii, Stolberg war gefallen. Ch. schrieb gegen die Ansicht mehrerer Juristen, welche bei einem solchen Todesfall einen Todschlag aus indirectem Vorsatz annahmen, eine kleine Schrift: „Die Chimäre eines Todtschlags aus indirectem Vorsatz“, welche 1783 in Heinze’s Kiel’schem Magazin vor die Geschichte etc. Bd. 1. S. 345 ff. und 1788 wieder in (Koppe’s) Niedersächsischem Archiv für Jurisprudenz Bd. 1. S. 3 ff. gedruckt wurde. In Heinze’s Neuem Kiel’schen Magazin Bd. 2. S. 365 ließ Ch. eine Vertheidigung seiner Ansicht drucken. Der Thäter in dem Duell wurde nicht zum Tode, sondern zur Gefängnißstrafe verurtheilt. In den Jahren 1786–89 schrieb Ch. vier Programme: „Materialien zur Geschichte Herzogs Johann des Jüngern, des Stammvaters des augustenburgischen Hauses. Ihm war von den Ständen die Huldigung verweigert. Von den Reden hebe ich die 1788 gehaltene auf den Kanzler Johann Andreas Cramer hervor. Dieser war für die Universität und auch sonst für die Herzogthümer sehr thätig, er gab den Herzogthümern 1780 ein „Allgemeines Gesangbuch“, 1785 einen „Kurtzen Unterricht im Christenthum“. In den Jahren 1775–79 erschien Christiani’s „Geschichte der Herzogthümer Schleswig und Holstein“, Th. 1–4. bis zum J. 1459. Eine Fortsetzung gab Ch. in seiner 1781–1784 erschienenen „Geschichte der Herzogthümer Schleswig und Holstein unter dem oldenburgischen Hause“, Th. 1. 2. Dieses Werk geht bis zum Jahr 1588. Ch. hatte zu dieser Arbeit ernste Studien gemacht, auch das königliche Archiv in Kopenhagen benutzt, neben der Darstellung der Lebensnachrichten des Landesherrn hat er die Verhältnisse der Einwohner berücksichtigt. Der Verfasser sucht die Geschichte mit Unparteilichkeit darzustellen. Ch. starb 1. Sept. 1793. Ein Register zu Christiani’s Geschichte der Herzogthümer gab [216] Professor Heinze 1797 heraus. Vor Ch. war von Professor Adam Heinrich Lackmann eine „Einleitung zur Schleswig-Holsteinischen Historie während der Regierung des oldenburgischen Stammes“ in sieben Theilen 1730–1754 erschienen, der letzte Theil erschien nach Lackmann’s Tode, er geht bis zum Jahre 1643. Diederich Hermann Hegewisch setzte Christiani’s „Geschichte der Herzogthümer Schleswig und Holstein unter dem oldenburgischen Hause“ bis zum Jahr 1694 fort als Theil 3 und 4 von Christiani’s Geschichte, auch betitelt: „Schleswigs und Holsteins Geschichte unter Christian IV., Herzog Friedrich etc., Friedrich III. und Christian V. und den Herzögen Friedrich III. und Christian Albrecht.“ Die beiden Theile erschienen Kiel 1801 und 1802, eine kurze Fortsetzung bis 1808 gab P. v. Kobbe 1834 heraus.

Ein kurzes Leben Christiani’s mit Angabe der Schriften desselben steht in B. Kordes’ Lexikon der jetzt lebenden Schl.-Holstein. Schriftsteller, Schleswig 1797, Anhang 1. S. 438–455. (In diesem Anhang stehen auch Biographien schon Verstorbener.) Der Schwiegersohn Christiani’s, Valentin Aug. Heinze, gab mit seinem schon erwähnten Register zu Christiani’s Geschichte der Herzogthümer 1797, Nachricht von dem Leben und den Schriften Christiani’s.