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ADB:Christian August (Kronprinz von Schweden)

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Artikel „Christian August“ von Johann Friedrich Ludwig Theodor Merzdorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 193–195, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christian_August_(Kronprinz_von_Schweden)&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:23 Uhr UTC)
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Christian August (später als Kronprinz von Schweden Karl August genannt), geb. auf dem Schlosse Augustenburg 9. Juli 1768, † 1810, war der dritte Sohn des Herzogs Friedrich Christian[WS 1] von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg und dessen Gemahlin Charlotte Amalie Wilhelmine, geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Ploen, genoß eine vortreffliche Erziehung, besuchte deutsche Universitäten, namentlich Leipzig, warf sich dann in die Militärcarrière, wurde 1790 Generalmajor der Infanterie und nahm 1796 Dienste in der österreichischen Armee unter dem Erzherzog Karl bis zum Frieden von Luneville, in welcher Stellung er sich den Ruf eines tüchtigen Soldaten und Feldherrn erwarb. Die Folge davon war, daß er 1808 zum Chef des südnorwegischen Infanterieregiments, zum Commandanten der Festung Fredrikssteen, zum Inspector der Infanterie und der leichten Truppen in den Stiften Aggershuus und Christianssand, sowie zum commandirenden General in diesen Stiften ernannt wurde. Den Norwegern war seine Ankunft und sein Verbleiben im Lande sehr erwünscht und machte er sich durch sein leutseliges Betragen bei denselben sehr beliebt, sowie er auch auf die Wohlthätigkeitsanstalten und das Schulwesen sein Augenmerk richtete und 1807 in Norwegen eine Provinzialregierung einsetzte, welche, schon den Fall einer Unterbrechung der Communication zwischen Dänemark und Norwegen voraussetzend und Schwedens Pläne auf Norwegen ahnend, diesem Lande eine freiere, gewisserweise selbständige Bewegung gestattete. Dänemark war durch eine unkluge Politik auf Frankreichs Seite gezogen worden und erklärte daher 1808 Schweden den Krieg, der für Norwegen unheilvoll zu werden drohte, da selbst bei der besten Vertheidigung das arme Land an Lebensmitteln Noth leiden mußte, weil der deutsch-englische Krieg fast alle Zufuhren abschnitt. Ch. A. verstand jedoch mit seiner geringen Mannschaft unter Benutzung aller Hülfsmittel die Schweden aus Norwegen zu vertreiben und dieselben zu einem Waffenstillstand zu nöthigen. Während desselben hatte in Stockholm eine Revolution gegen den starrköpfigen König Gustav Adolf IV. (1809) stattgefunden, denselben des Thrones für verlustig erklärt und dem Herzog Karl von Södermanland, dem Oheim des Königs, vorläufig die Regentschaft übertragen. Es entspannen sich nun allerlei Intriguen wegen des erledigten Thrones von Schweden, und König Friedrich VI. namentlich hoffte schon die drei Königreiche wieder unter seiner Krone vereinigt zu sehen und suchte in dieser Richtung hin auf den Prinzen Ch. A. einzuwirken, der auch sein Bestes that, aber sowol bei dem König Friedrich VI. von Dänemark (wegen der freien Verfassung Schwedens) als bei [194] den Schweden auf Widerstand stieß. Die Wahl des Reichsverwesers Herzog Karl von Södermanland zum König von Schweden (6. Juni 1809) vernichtete Friedrichs VI. Hoffnungen, der sogar vor einem neuen Kriege mit Schweden, um den Thron zu erlangen, nicht zurückzuschrecken schien. Die Lage Schwedens war eine eigenthümliche geworden, da der neuerwählte König Karl XIII. alt und kinderlos war und somit auf die Wahl eines Nachfolgers Bedacht genommen werden mußte. Drei Parteien tauchten auf, die der sogenannten Gustavianer, welche für den Sohn Gustavs IV. Adolf, den jungen Prinzen Gustav, stimmten, die kleine Partei, welche für König Friedrich VI. war und endlich die dritte oder Adlersparrische, welche einen kraftvollen, tüchtigen Regenten wünschte und denselben in ihrem Gegner, dem Prinzen Ch. A. zu finden glaubte. Nach näherm Ueberlegen und Hin- und Herwogen der Meinungen, nach Abwägen der verschiedenen Gründe wirkte endlich die Adlersparrische Partei mit Erfolg im schwedischen Reichstage und bei dem Prinzen Ch., den vermöge seines Naturels eine Krone nicht locken konnte, so daß am 18. Juli Prinz Ch. vom schwedischen Reichstage zum Thronfolger in Schweden erwählt wurde. Hatte Prinz Ch. sich vor der Wahl ablehnend ausgesprochen, so war er auch jetzt, eingedenk der eigenthümlichen Lage, in der er sich als Gegner Schwedens und Feldherr Friedrichs VI. befand, nicht gleich gewillt, die Wahl anzunehmen und machte deshalb Adlersparre sowol Vorstellungen, als auch dem Könige Friedrich VI., dem er erklärte, daß er ohne seine Einwilligung und bevor der Friede hergestellt sei, die Krone nicht annehmen werde, auf welche Anzeige Friedrich VI. in wunderlicher Weise antwortete, indem er dem Prinzen für die an Schweden ertheilte abschlägige Antwort dankt, ihn zum Statthalter in Norwegen und zum Feldmarschall ernennt, hinzufügend, daß Prinz Friedrich von Hessen das Commando gegen Schweden führen solle, weil für Prinz Ch. A. dies nicht ferner passend sei. Für den Prinzen war es eine schwere Zeit der Prüfung, da man in Kopenhagen sehr beflissen war, ihn dem Könige als einen Verräther darzustellen und Adlersparre sich in der Hoffnung getäuscht sah, daß der Prinz unbedingt die schwedische Krone annehmen, noch weniger sich darauf einlassen werde, Norwegen an Schweden zu überliefern. Ehe aber die Annahme der Wahl feststand, war es nothwendig, daß zwischen Dänemark nebst Rußland und Schweden Frieden geschlossen und der Prinz aus seiner Zwitterstellung befreit würde. Der Frieden mit Rußland kam am 17. Sept. nach mancherlei Verhandlungen zu Frederikshamm zu Stande, der mit Dänemark, das gewaltig intriguirte, zu Jonköpping nach langem Hin- und Herzerren am 10. Decbr., wobei man sich auf alle Weise bemühte, die Wahl des Prinzen Ch. A. zu hintertreiben. Es ward noch viel hin und her verhandelt, selbst das Napoleonische Interesse ins Spiel gezogen, aber endlich alles sicher zum Ziele geführt, ja selbst – wegen der Erinnerung an König Christian II. – der Name Christian abgelegt und dafür der Name Karl angenommen, wie sich der Prinz denn auch in seinem letzten Schreiben aus Norwegen vom 1. Jan. 1810 schon unterzeichnet: Karl August Svea Rikes Kronprinz. Am 30. Decbr. 1809 legte der Prinz Ch. A. seine Statthalterschaft in Norwegen nieder, verließ am 4. Jan. 1810 Norwegen, begleitet von den Segenswünschen der Bewohner dieses Landes, die ihn von ganzem Herzen liebten und ehrten, und betrat am 7. Jan. den schwedischen Boden bei Svinesund, wo er mit Jubel empfangen wurde. Merkwürdig ist, daß seit seinem Eintritt in Schweden der Kronprinz mit plötzlichem Unwohlsein zu kämpfen hatte, das ihn selten ganz verließ und mit seinem jähen Tode in Zusammenhang gebracht wird. Ob von den Feinden des Kronprinzen Mittel angewendet wurden, die seinen Tod herbeiführten, ist aus den (ob absichtlich oder nicht, läßt sich nicht bestimmen) leichtfertig geführten Untersuchungen nicht zu [195] ersehen. Am 20. Jan. unterzeichnete er zu Drottningholm die von einer Reichstagsdeputation überreichte Versicherungsacte und stellte sich dann seinem Adoptivvater Karl XIII. vor. Am 22. Jan. 1810 geschah der Einzug in Stockholm, am 24. Jan. die Eidesablegung in dem Reichssaale vor den Ständen. Nun suchte sich der Kronprinz in der neuen Umgebung zu orientiren und sich mit dem Gange der Regierungsgeschäfte vertraut zu machen, ohne selbst vor der Hand thätig einzugreifen, sich das für spätere Zeit vorbehaltend. Allerlei Gerüchte wurden über ihn in Umlauf gesetzt, denen er nur dadurch Stillstand gebieten konnte, daß er sich zur Heirath – mit wem, war noch nicht ausgesprochen – als entschlossen erklärte. Doch dazu sollte es, trotz der Freude, welche König Karl XIII. über die kommende Heirath hatte, da er schon Enkel auf seinem Schoße zu halten vermeinte, nicht kommen, denn das Unwohlsein des Prinzen nahm trotz der strengen Diät in Stockhohm zu, trübe Ahnungen eines baldigen Todes quälten ihn und Vertrauen zu dem ihm zugetheilten Leibarzt Rossi war nicht vorhanden. Im Mai 1810 unternahm er eine Reise nach Schonen, vorzüglich um seinen Bruder, den Herzog von Augustenburg, zu sehen, der von Dänemark herüberkam. Die Brüder sahen sich, verweilten einen Tag bei einander und nahmen am 28. Mai 1810 in Helsingborg von einander Abschied, wobei der Kronprinz, der schon während der ganzen Reise leidend gewesen war, sehr bewegt war. Um die Mittagszeit sollte auf der Claidinger Haide das Mörner’sche Husarenregiment von ihm inspicirt werden, bei dieser Inspection stürzte der Kronprinz jedoch plötzlich vom Pferde, und starb bald darauf ohne Bewußtsein. Ob Apoplexie oder Wirkungen heimlichen Giftes den plötzlichen Tod dieses zu großen Zielen angelegten Fürsten veranlaßten, ist bis heute unentschieden geblieben oder unentschieden gehalten worden. Sein Tod bahnte jedoch nicht den dänischen Prätensionen den Weg zum Throne, sondern dem Fürsten von Ponte Corvo, Bernadotte, für den sich Graf Mörner aufs eifrigste verwendete.

(Hegewisch) Geschichte der schwedischen Revolution bis zur Ankunft des Prinzen von Ponte Corvo, Kiel 1811. (Raeder) Dankmarks Krig og Politiske Historie Bd. III. (G. Adlersparre) Handlingar rörande Sveriges historia. J. Aal, Erindringer Bd. I. II. Wegener, Actenmäßige Beiträge zur Geschichte Dänemarks im 19. Jahrhundert, Kopenhagen 1851. Ipsen, Christian August Prinz zu Schleswig-Holstein, nachmals Kronprinz von Schweden, – Kiel 1852.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Friedrich Christian I. (1721–1794), Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg.