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ADB:Christian (Herzog von Braunschweig-Lüneburg)

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Artikel „Christian, Herzog von Braunschweig und Lüneburg“ von Wilhelm Sauer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 162–163, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christian_(Herzog_von_Braunschweig-L%C3%BCneburg)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:38 Uhr UTC)
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Christian, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, zweiter Sohn des Herzogs Wilhelm und der Prinzessin Dorothea von Dänemark, Tochter des Königs Christian III. Geb. am 9. Nov. 1566 folgte er in der Regierung seinem am 2. März 1611 gestorbenen älteren Bruder Herzog Ernst II., auf welchen die am 27. Sept. 1597 und Dec. 1610 getroffenen Vereinbarungen der (7) Söhne des Herzogs Wilhelm, der weder durch ein Hausgesetz noch durch sonstige Bestimmungen eine Verfügung über die Erbfolge getroffen hatte, nach dem Tode des Vaters zunächst die Regierung übertragen hatten. Daß Herzog Ch. während der Dauer seiner Regierung mit regstem Eifer bemüht war, die Machtstellung seines Hauses fester zu begründen, sowie den Nothstand seines Landes zu heben, ist unverkennbar; in ersterer Beziehung ist sein Drängen auf Erlaß einer Erbfolgeordnung, sein Streben, den alten Streit mit dem Hause Wolfenbüttel wegen des Anfalls des Fürstenthums Grubenhagen zum Austrage zu bringen, zu nennen. Andererseits aber besaß Ch. weder Entschlossenheit und Thatkraft noch Scharfblick genug, um befähigt zu sein, in den Stürmen des dreißigjährigen Krieges die unter seiner Regierung mächtig über Niedersachsen dahinbrausten, die Wege aufzufinden und einzuhalten, die die Interessen seines Hauses und Landes sowie des Protestantismus im niedersächsischen Kreise überhaupt vorzeichneten. Zaghaft und unentschlossen vermied er jede Handlung, die von entscheidenden Folgen sein konnte; er war ebensowenig zu bewegen, der Union offen beizutreten, als sich Christian IV. von Dänemark oder Gustav Adolf anzuschließen. Nur äußerer Zwang vermochte ihn, der protestantischen Sache zögernd und widerwillig seine Unterstützung zuzuwenden, während er jedem Schritte auswich, der zum offenen Bruche mit dem Kaiser führen mußte und die Möglichkeit ausschloß, eine durch [163] Umstände gebotene Annäherung an diesen und an die Liga herbeizuführen. Selbst das Auftreten Tilly’s und des ligistischen Heeres in Niedersachsen, das seinen ungleich begabteren jüngeren Bruder Georg zu rastloser Thätigkeit anspornte, führte nicht die geringste Aenderung in der Richtung, die er verfolgte, herbei. Seine Regierung ist für Lüneburg keineswegs segensreich geworden. Herzog Ch. war bereits am 7. Februar 1599 zum Bischofe von Minden erwählt, dessen Regierung er bis 1629 führte, in welchem Jahre mit der Besitznahme Mindens durch Tilly die katholische Reaction im Stifte eintrat. Auch hier zeigt er dieselbe Unentschiedenheit und dasselbe Schwanken zwischen Gegensätzen; er bewilligt Religionsfreiheit und ist dann wieder durch Einführung der Hexenprocesse ein Werkzeug des Aberglaubens. Die Besitzung Mindens durch Tilly führte, wie schon bemerkt, 1629 die katholische Reaction und die Durchführung des Restitutionsedicts herbei. Für Herzog Ch. wurde einer der eifrigsten Förderer der Gegenreformation, Bischof Franz Wilhelm von Osnabrück, zum Bischofe erwählt und erhielt am 1. Juli 1630 die päpstliche Provision. Ch. überließ ihm fast ohne Widerstand das Stift und die Sache des Protestantismus daselbst ihrem Schicksale. Er starb am 8. November 1633 unvermählt.

Havemann, Geschichte der braunschw.-lüneb. Lande. Culemann, Mindische Geschichte.