ADB:Capliers, Caspar Zdenko Graf von
[443] kam er in das Haus seines Großvaters Caspar Ritter v. C., der sich mit Eifer und Erfolg der Erziehung des Knaben widmete. Aber bald kamen trübe Tage über die Familie. Caspar C., der sich 1618 den böhmischen Aufständischen anschloß, wurde am 21. Juni 1621 enthauptet und sein Vermögen, aber auch das seiner Enkel eingezogen, so daß die Mutter Zdenko’s die Mildthätigkeit von Verwandten und Standesgenossen anflehen mußte, um sich und ihre Kinder fort zu bringen. Dann entschloß sie sich, das klügste zu thun, was sie in ihrer Lage thun konnte: sie ließ Zdenko, der schon frühzeitig Neigung zum Kriegshandwerk gezeigt, in das Heer des rechtmäßigen Landesherrn treten, in welchem er einen Theil des dreißigjährigen Krieges mitmachte, 1642 Oberstwachtmeister, 1646 Oberstlieutenant und ein Jahr später Commandant von acht Compagnien Cürassieren wurde. Im Jahre 1649 erhielt C. das Patent auf sein Regiment Cavallerie, mit welchem er in das Mailändische rückte, um auf Seite der Spanier an dem Kriege gegen Frankreich theilzunehmen. Im J. 1654 wurde C. von Kaiser Ferdinand III. in den Freiherrenstand erhoben, im Juni 1656 zum General-Feldwachtmeister, im J. 1661 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert. Die folgenden zwei Jahre brachte C., der im J. 1636 die Anna Katharina v. Hoyos und nach ihrem neun Jahre später erfolgten Tod, im J. 1646 die Anna v. Bukovan geheirathet hatte, auf seinen Gütern in Böhmen zu und wurde 1663 nach Wien berufen, woselbst er sich an den Arbeiten des Hofkriegsrathes betheiligte. Im J. 1671 fungirte C. als Gerichtsbeisitzer in dem Processe gegen die ungarischen Verschwörer Nádasdy, Zriny und Frangepan, und wurde, da man ihm große Kenntnisse im Geschützwesen nachrühmte, am 7. Juli 1673 Generalfeldzeugmeister. Von 1674 bis 1678 bekleidete C. das wichtige Amt eines General-Kriegscommissärs. In diesen Zeitraum fällt seine Erhebung in den erblichen böhmischen Grafenstand, welcher Rang am 5. Februar 1676 auch auf das Römische Reich deutscher Nation ausgedehnt wurde. Als mit dem Falle von Freiburg Tirol von den Franzosen bedroht erschien, betraute ihn der Kaiser mit dem wichtigen Truppencommando in Innsbruck. Nachdem die Besorgnisse für Tirol durch den Frieden von Nymwegen geschwunden waren, wurde C. nach Prag berufen, wo der Hof damals wegen der in Niederösterreich wüthenden Pest weilte. Bei den Berathungen über die Mittel zur Unterdrückung der damals ausgebrochenen Bauernunruhen in Böhmen, war es C., der, entgegen den Anschauungen der meisten Rathgeber, die Anwendung milderer Maßregeln und Erleichterung des Looses der hart bedrückten Bauern empfahl. Im Gefolge des Hofes erschien C., der am 7. März 1681 zum Vicepräsidenten des Hofkriegsrathes ernannt wurde, in Oedenburg bei der Krönung von Kaiser Leopold’s dritten Gemahlin Eleonora und wurde dann, nebst dem Fürsten Schwarzenberg, dem Hofkanzler Hocher und dem Grafen Nostitz zu den wichtigen Verhandlungen über die Gravamina der ungarischen Stände beordert, auch fungirte er am 12. December jenes Jahres mit dem Grafen Pálffy als kaiserlicher Commissarius bei der feierlichen Hinterlegung, Versperrung und Versiegelung der ungarischen Kroninsignien. Die größten Verdienste erwarb sich C. während des Türkenkrieges 1683. Kurz vor seiner Abreise von Wien bestimmte Kaiser Leopold I. den damals bereits 72jährigen Grafen zum Vorsitzenden des geheimen Deputirtencollegiums, welches während der Abwesenheit des Monarchen in dem belagerten Wien die Regierungsgeschäfte zu besorgen hatte. Ein überaus gnädiges Handschreiben vom 9. Juli 1683, welches C. hiervon in Kenntniß setzte, zeugt von dem Vertrauen des Kaisers, der ihm darin uneingeschränkte Vollmacht einräumte. C. glaubte jedoch, dieser schwierigen Aufgabe nicht gewachsen zu sein und bat unter dem 12. Juli den Hofkriegsrathspräsidenten, [444] Markgrafen Hermann von Baden „ihm bey Hoff seiner Sfera nach oder bei der Armee zu emploijiren, er seye zu diesen Carico in der Stadt zun alt und abgemath, wisse nit zu subsistiren“. Kaiser Leopold wies jedoch diese Bitte mit der Begründung ab, es geschehe diese Berufung „nicht ex instinctu aemulorum, sondern aus Mir selbsten weg guetes Vertrauen, was ich zu Ewrer Capacität habe“. C. fügte sich dem kaiserlichen Willen und entwickelte eine unermüdliche und äußerst ersprießliche Thätigkeit. Seine Stellung als Vorsitzender des geheimen Deputirtencollegiums brachte es allerdings mit sich, daß er sich mehr mit der Administration befaßte, daß die Beschaffung und Vertheilung des Proviantes und der Geldmittel, die Handhabung der Gesundheitspolizei, die Beistellung von Arbeitskräften, das Heranziehen tauglicher Männer zum Waffendienste u. dergl. seine Hauptsorge bildeten. Aber auch in streng militärischen Angelegenheiten griff der energische Greis mit Erfolg ein, als Starhemberg verwundet, der Nächstcommandirende, Graf Daun, am Fieber darniederlag. Er übernahm das Commando der Vertheidigung und führte es mit Kraft und Geschick; er ordnete einen Ausfall an, schlug einen Angriff der Türken ab und verfügte die Errichtung von zwei neuen Batterien auf der Mölker- und Löwelbastei, welche schon Tags darauf in Action traten. Auch während der Bettlägerigkeit Starhemberg’s, 9. bis 19. August, scheint C. die Oberleitung geführt zu haben. Kaiser Leopold I. würdigte diese Leistungen, indem er C. im December 1683 zum Generalfeldmarschall ernannte und die Bürgerschaft von Wien verehrte ihm ein Geschenk von 1500 Gulden in Gold. C. hatte die Anstrengungen der Belagerung mit bewunderungswürdiger Rüstigkeit ertragen, als aber das Ziel erreicht war, brach auch er erschöpft zusammen und bedurfte der Herstellung und Erholung. Deshalb blieb er auch dem feierlichen Einzuge Sobieski’s in die befreite Stadt, und den Huldigungen fern, die dem Sieger bei dieser Gelegenheit dargebracht wurden und fehlte auch bei dem Festmahle, welches Starhemberg am 13. December dem Könige von Polen gab. Aber unmittelbar darauf erhielt C. den Besuch des Königs selbst, der ihm, wie alle anderen berufenen Zeitgenossen, neben Starhemberg, das größte Verdienst an der ruhmvollen Vertheidigung Wien’s zuerkannte – eine Anerkennung, die ihm auch die Nachwelt nicht versagen darf. C. war nicht nur ein hervorragender und militärisch sehr gebildeter Soldat, er verfügte auch über ein nicht gewöhnliches allgemeines Wissen. Er wußte sich fließend und gewandt in der deutschen, böhmischen, lateinischen, französischen und italienischen Sprache auszudrücken. Das Schloß auf seiner Lieblingsbesitzung Mileschau bei Lobositz barg eine werthvolle Bibliothek, eine große Sammlung mathematischer Instrumente, eine geschmackvoll ausgestattete Rüstkammer und eine Bildergalerie, in der sich Perugino, Rubens, Tizian, Guido Reni und Carlo Dolce vertreten fanden. C., der nach dem Tode seiner zweiten Gemahlin, am 20. Januar 1665 eine dritte Ehe eingegangen war (mit Anna Cukrovna v. Tannfeld) starb kinderlos am 6. October 1686 in Wien und wurde in der von ihm erbauten Sanct Antonius-Capelle zu Mileschau begraben. Mit ihm starb der letzte Graf seines Geschlechts, das wenige Jahre später ganz erlosch. In seinem Testamente ordnete er an, daß am 12. September eines jeden Jahres, als am Tage der Ersatzschlacht von Wien ein Hochamt in Mileschau abgehalten und zum Andenken an die 62 tägige Belagerung Wiens eine Summe von 62 Gulden an die Ortsarmen vertheilt werde, eine Bestimmung, welcher noch heute durch den derzeitigen Herrschaftsbesitzer nachgekommen wird.
Capliers: Caspar Zdenko C., Graf, Freiherr von Sulewitz, k. k. Feldmarschall und Vicepräsident des Hofkriegsrathes, geboren im Jahre 1611 als Sohn des Appellationsrathes Albrecht Ritter v. Capliers und der Magdalena v. Udritsch. Nach dem Tode seines Vaters, der bereits im Jahre 1614 starb,- Acten des k. u. k. Kriegs-Archivs. – Das Kriegsjahr 1683, herausgegeben von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des Kriegs-Archivs. Wien [445] 1883. – Helfert, Der Chef der Wiener Stadtvertheidigung 1683 gegen die Türken. Prag und Leipzig 1883.