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ADB:Burggrave, Johann Philipp (1673 bis 1746)

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Artikel „Burggrave, Johann Philipp sen.“ von Wilhelm Stricker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 602–603, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burggrave,_Johann_Philipp_(1673_bis_1746)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:57 Uhr UTC)
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Burggrave: Johann Philipp B. sen., getauft 13. Febr. 1673 zu Darmstadt, promovirte als Dr. med. 1694, war Arzt in Darmstadt, kurmainzischer Landphysicus. Am 8. Sept 1706 wurde er in Frankfurt als Arzt aufgenommen und daselbst am 19. März 1746 begraben. Sein Sohn Johann Philipp jun., getauft zu Darmstadt 1. Oct. 1700, studirte in Jena und Halle 1718–1721, lebte in Frankfurt bis 1724, promovirte zu Leiden als Dr. med., wurde am 8. Sept. 1724 in Frankfurt als Arzt aufgenommen, war seit 1741 Mitglied der kaiserlichen Leopoldakademie der Naturforscher, seit 1745 kurmainzischer Leibarzt, und wurde zu Frankfurt beerdigt am 7. Juni 1775. Er war Arzt im Goethe’schen Hause. – Da wir über den jüngeren B. in Börner’s „Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften jetztlebender berühmter Aerzte und Naturforscher in und um Deutschland“ (dritten Bandes viertes Stück, S. 447–516) ausführliche Nachrichten besitzen, welche wichtig sind zur Kenntniß des Zustandes der damals so tiefgesunkenen deutschen Medicin, so sei uns ein näheres Eingehen auf den sonst nicht bedeutenden Mann gestattet. Als B. 1718 Jena bezog, stand die ganze medicinische Facultät unter dem Einfluß des Chemiatrikers Johann Wolfgang Wedel (geb. 1645, † 1721), eines sehr gelehrten Mannes, welcher seit 1673 daselbst docirt und die Facultät mit seinen Schülern besetzt hatte. Als B. zu Ostern 1721 nach Halle kam, war Friedrich Hoffmann (geb. 1660, ein Schüler Wedel’s, seit 1694 erster Professor der Medicin in Halle, † 1742) dort in ähnlicher Weise, wie Wedel in Jena, Alleinherrscher. Er suchte auf dem eklektischen Wege, durch die Leibnitz’sche Philosophie und ihre Monadenlehre die Lücken des Iatromechanismus auszufüllen. Aber als sehr beschäftigter Praktiker vernachlässigte er seine akademischen Pflichten, und brachte die Zeit vor Beginn des Sommersemesters 1721 bis zum Juli in Karlsbad als consultirender Arzt zu. So kehrte im Herbst 1721 B. nach Frankfurt zurück. Er mußte sich sagen, daß er vielerlei Ansichten hatte aussprechen hören, daß er aber noch ganz unfähig zur Behandlung von Kranken sei. Er widmete sich also unter der Leitung seines Vaters zu Hause dem Studium der Boerhaave’schen Schriften, und trieb Chemie, bis er im Mai 1724 nach Leiden reiste, um bei dem verehrten Meister selbst, dem Gründer der auf die Naturwissenschaften erbauten neueren Medicin, zu promoviren. Dies geschah am 3. August 1724, worauf B. eine Reise durch die Niederlande, Niedersachsen, Brandenburg, Obersachsen und Franken antrat und im November in der Heimath anlangte. In Frankfurt ließ ihm die Praxis vorläufig noch Zeit genug, um rein theoretische Streitschriften im Sinne der Iatromechaniker gegen den Professor Gölike in Frankfurt a. O. („De existentia spirituum nervosorum“, 1725) und Dr. Gohl zu richten. Der Streit zog sich bis 1733 hinaus. – Sein Fleiß und seine Büchergelehrsamkeit ließen B. sich an ein riesiges Unternehmen wagen, ein in lateinischer Sprache abzufassendes „Lexicon medicum universale“, welches die gesammte Medicin mit Einschluß der Physik, Chemie, Botanik und Anatomie begreifen und eine ganze Bibliothek entbehrlich machen sollte. Am 1. November 1726 schloß er einen Vertrag mit der Buchhandlung Fr. Knoch Söhne in Frankfurt. Das Werk sollte 600 Bogen Folio umfassen. Wenn drei Viertel des gesammten Manuscripts fertig seien, sollte der Druck beginnen; der Autor erhielt 2½ fl. für den Bogen, davon 1½ fl. baar und 1 fl. in Büchern, und drei Freiexemplare. Später wurde der Umfang auf 960 Bogen erhöht, da [603] aber der Autor allein für A und B 220 Bogen und sechs Jahre gebrauchte (der erste Band erschien 1733), auch nur einen geringen Theil des späteren Manuscripts fertig gestellt hatte, so unterblieb die Fortsetzung des Werkes unter gegenseitigen Beschuldigungen (Frankfurter gelehrte Zeitungen 10. Aug. 1736, Leipziger gelehrte Zeitungen 1736. Nr. 63). B. hatte, angeregt durch die hippokratischen Schriften, schon ehe er nach Leiden reiste, eine Dissertation verfaßt: „De methodo medendi pro climatum diversitate varie instituenda“. Diese Studien weiter verfolgend, gab er 1751 in Frankfurt ein Buch heraus, welches auch im Titel sich ganz an des Hippokrates berühmte Schrift anschloß:„De aëre, aquis et locis urbis Francofurtanae ad Moenum commentatio“. Es enthält in vortrefflichem Latein und in drei Theilen: dem physikalischen, physiologischen und pathologisch-therapeutischen, auf 146 S. eine medicinische Topographie und Statistik von Frankfurt, welche dem 1770 erschienenen Buche von Dr. Joh. Adolf Behrends: Die Einwohner von Frankfurt a. M. etc. zum Vorbild diente.