Zum Inhalt springen

ADB:Bonstetten, Carl Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bonstetten, Karl Victor von“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 135–137, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bonstetten,_Carl_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:20 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Bont, Jean de
Band 3 (1876), S. 135–137 (Quelle).
Karl Viktor von Bonstetten bei Wikisource
Karl Viktor von Bonstetten in der Wikipedia
Karl Viktor von Bonstetten in Wikidata
GND-Nummer 119303590
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|135|137|Bonstetten, Karl Victor von|Georg von Wyß|ADB:Bonstetten, Carl Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119303590}}    

Bonstetten: Karl Victor v. B., Geb. in Bern am 3. Sept. 1745, † 3. Febr. 1832, Sohn des Rathsherrn, später Welsch-Sekelmeisters Karl Emanuel, empfing B. nach durchlaufener Schule seine erste höhere Bildung theils im Wadtlande, theils in Genf, wo er hauptsächlich in den Schriften von Rousseau, [136] aber auch im Umgange mit Bonnet seine geistige Nahrung fand. 1766 nach Bern zurückgekehrt, dort aber in Folge einst empfangener abstoßender Jugendeindrücke sich unglücklich fühlend, erhielt er die Erlaubniß, die Hochschule Leyden zu beziehen, beschäftigte sich daselbst mit Naturwissenschaften, Naturrecht und Geschichte, brachte dann in England, in Paris und auf Landsitzen in Frankreich, zum Theil in sehr hochgestellten Kreisen, ein paar Jahre zu und traf 1770 wieder in Bern ein, nun, nicht ohne Mühe, sich den dortigen Verhältnissen fügend. Im Mai 1773 machte er bei der Versammlung der Helvetischen Gesellschaft in Schinznach die Bekanntschaft von Johann v. Müller, mit dem ihn sofort engste, für ihn anregende Freundschaft verband, und nach einem Aufenthalte in Italien, vorzüglich in Rom, entschloß er sich endlich, sich den öffentlichen Geschäften in seiner Heimath zu widmen. 1775 in den Großen Rath in Bern eingetreten, erhielt er 1778 das Amt eines Landvogts in Saanen, 1779 verschiedene gerichtliche und administrative Stellungen in Bern, 1787 das Amt eines Landvogtes in Nyon. Hieher zog mit ihm und den Seinigen ein Freund, der kurz zuvor als Gast bei ihm erschienen, Mathisson, dessen Bekanntschaft B. 1782 bei einer Lustreise in Heidelberg gemacht hatte, und der nun zwei Jahre bei B. blieb, fortan von großem Einflusse auf Bonstetten’s Anschauungs- und Denkweise. Von Lyon aus, wohin sich Mathisson nun wandte, empfahl er an B. Friederike Brun; sie erschien in Nyon zu Besuch und ein fast vierzig Jahre dauernder freundschaftlicher, philosophischer und litterarischer Verkehr entspann sich von da an zwischen der ausgezeichneten Frau und B. Während B. neben den wenig beschwerlichen Pflichten seines Amtes dem Umgange mit diesen und andern Freunden und den Musen lebte, begannen die Ereignisse der französischen Revolution ihren Einfluß auf das Wadtland zu üben und Bonstetten’s Stellung als bernischer Landvogt, der die bestehende Ordnung der Dinge aufrecht erhalten sollte, wurde um so schwieriger, als er sich innerlich den eindringenden neuen Anschauungen vielfach befreundet fühlte und die Nähe der französischen Grenze, die Drohungen Frankreichs gegen das nahe Genf, die Umwälzung daselbst, die Besetzung Savoyens durch die Franzosen und das Erscheinen zahlreicher Emigranten vielfache Verwickelungen für ihn mit sich führten. B. fühlte sich erleichtert, als 1792 seine Amtsdauer ablief. Dreimal besuchte er nun als bernischer Abgeordneter zum alljährlichen Syndicate die italienischen Vogteien der Eidgenossenschaft im heutigen Kanton Tessin, 1795–1797; verließ dann aber seine Heimath, als im März 1798 die französische Invasion über Bern und die Schweiz hereinbrach, und fand in Kopenhagen bei der Familie Brun, die kurz vorher den Winter 1796–97 auf seinem Landgute Valeyres bei Orbe bei ihm zugebracht hatte, eine Zufluchtsstätte, in welcher er nun drei Jahre lang, bis 1801, verweilte. 1801 in die Schweiz und zu den Seinigen zurückgekehrt, 1802–3 Begleiter von Friederike Brun nach Rom und zurück nach Deutschland, wählte er nunmehr Genf zu bleibendem Wohnsitz. In der ausgezeichneten Gesellschaft, die sich hier theils aus hervorragenden Genfern, theils aus Ausländern von Rang und geistiger Bedeutung seit 1803 und besonders seit dem europäischen Frieden von 1815 zusammenfand, in häufigen Besuchen bei Frau v. Stael und ihrem litterarischen Hofe im nahen Coppet, brachte B. fortan, einige Reisen abgerechnet, sein Leben zu, selbst ein überall willkommenes, durch geistige Frische und seine Liebenswürdigkeit im Umgange allgemein geschätztes Mitglied dieser Kreise. Und als allmählich der Tod, der ihm seine Gattin, seinen jüngern Sohn, seine theuersten Freunde entriß, ihn mit Vereinsamung bedrohte, blieb neben seiner Familie auch ein jüngeres Geschlecht ergebener Freunde dem stets noch rüstigen, heitern und wohlwollenden Greise in Zuneigung und freundlicher Fürsorge bis an sein am 3. Febr. 1832 erfolgtes Ende zugethan. Während seiner [137] 87jährigen Laufbahn bethätigte sich B. vielfach als Schriftsteller in deutscher, aber auch in französischer Sprache. Seinen ersten Versuch, eine französisch verfaßte Beschreibung des Saanenlandes, übersetzte J. v. Müller 1781 und ließ sie im Deutschen Merkur von Wieland unter dem Titel: „Briefe über ein schweizerisches Hirtenland“ erscheinen. Müller’s kräftiger Stil zog die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese Schrift. 1785 erschienen in Füßli’s Schweizerischem Museum: „Briefe über die Erziehung der bernischen Patrizier“ aus Bonstetten’s Feder; unter Mathisson’s Einfluß 1792 der Band: „Schriften von C. V. v. Bonstetten“, Aufsätze vermischten schönwissenschaftlichen und publicistischen Inhalts. In Kopenhagen veröffentlichte B. 1799–1801 eine ähnliche Sammlung in vier Bänden unter dem Titel: „Neue Schriften von C. V. v. Bonstetten“, unmittelbar nachher ein Werk: „Ueber Nationalbildung“, Zürich 1802. Später folgten die französischen Werke, fast alle in Genf: „Voyage sur la scène des six derniers livres de’l Enéïde“, an XIII (1805). „Recherches sur l’imagination,“ 1807. „Du pacte fédéral et de la neutralité suisse“, Paris 1815. „Pensées sur divers objets de bien public“, 1815. „Etudes de l’homme““, 1821. „L’homme du Midi et l’homme du Nord“, 1824. „La Scandinavie et les Alpes“, 1826. „Souvenirs d. Ch. V. de B. écrits en 1831“, Paris 1832. – Durch Mathisson wurden herausgegeben: „Briefwechsel von C. V. v. Bonstetten mit Mathisson“, Zürich 1827 und „Briefe von C. V. v. Bonstetten an Friederike Brun“, Frankfurt 1829. Im zweiten Theil seines „Prometheus für Licht und Recht“ veröffentlichte Zschokke, nach Bonstetten’s Tode, seinen Briefwechsel mit demselben, Aarau 1832. – Von diesen sämmtlichen Schriften haben die Briefwechsel für die Litteratur- und theilweise die politische Geschichte Bedeutung, und diejenigen, in denen sich Bonstetten’s feine Beobachtungsgabe zeigt, wie z. B. die Beschreibung der römischen Campagna im „Voyage“ von 1804 oder im „L’homme du Midi et du Nord“ bleibenden Werth. Weniger bedeutend sind die theils an sich unhaltbaren, theils durch die Ereignisse überholten politischen und socialen Betrachtungen des Verfassers, obgleich auch in diesen B. oft sehr richtiges Vorgefühl kommender Entwicklungen zeigt.

Vergl. über B.: Steinlen, Charles Victor de Bonstetten, Etude etc. Lausanne 1860. 1 Bd. 8°. und Nekrolog der Deutschen, 1834, S. 76. – Mörikofer, Die Schweizer. Litter. des 18. Jahrh. S. 464. 514. 517 f.