Zum Inhalt springen

ADB:Boleslaus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Boleslaus“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 98–100, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boleslaus&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:06 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Boleslav II.
Nächster>>>
Boleslaw II.
Band 3 (1876), S. 98–100 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Boleslaw I. (Schlesien) in der Wikipedia
Boleslaw I. in Wikidata
GND-Nummer 137698178
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|98|100|Boleslaus|Colmar Grünhagen|ADB:Boleslaus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137698178}}    

Boleslaw, der Lange, der erste Herzog von Schlesien, † 7. oder 8. Dec. 1201, Sohn des von seinem Bruder Boleslaw IV. vertriebenen Herzogs von Polen, Wladislaw II., der als Gemahl einer Halbschwester Kaiser Konrads III., Agnes, an des letzteren Hofe Zuflucht und Hülfe suchte. B. erscheint uns dann zum ersten Male neben seinem Vater als Zeuge in einer zu Regensburg ausgestellten Urkunde Konrads III. im Juni 1151. (Stumpf Nr. 3852) Wladislaw stirbt 1159 in der Verbannung, obwol Konrad und noch mehr Friedrich I. sich lebhaft für seine Zurückführung interessirten und der letztere sogar 1157 einen siegreichen Feldzug nach Polen unternimmt; später dann nach dem Tode Wladislaws 1163 läßt sich der Polenherzog auf des Kaisers Vermittlung bereit finden, den Söhnen seines Bruders Schlesien in den Grenzen des damaligen Bisthumssprengels von Breslau als besonderes Herzogthum zu geben, aber unter Fortdauer der Abhängigkeit von dem Inhaber des Seniorats, dem polnischen Großfürsten, dessen Oberherrlichkeit erst am Anfange des 13. Jahrhunderts unter Heinrich I. erlischt, und zwar erhält der älteste, B., den größeren und besseren Theil, Mittel- und Niederschlesien mit dem Oppelner Gebiet, der zweite, Mesko, das Herzogthum Ratibor, ein dritter, Konrad, noch unmündig und damals in einem deutschen Kloster erzogen, soll dem geistlichen Stande sich widmen. Der Polenherzog behält nach der Uebergabe des Landes noch einige [99] schlesische Burgen besetzt, um welche sich dann noch einmal Kämpfe entspinnen und ein erneutes Einschreiten des Kaisers herbeiführen 1172. In den Jahren 1177–78 erhebt sich zwischen den Brüdern, von denen jetzt auch Konrad, herangewachsen, ein Erbtheil verlangt, Streit, wol nicht ohne Zusammenhang mit den gleichzeitigen Thronkämpfen in Polen zwischen Mesko dem Alten und dessen Bruder Kasimir dem Gerechten. B. wird von seinem Bruder Mesko vertrieben, flüchtet nach Deutschland, doch vermittelt der in den polnischen Kämpfen siegreich gebliebene Kasimir bald einen gütlichen Austrag, der B. sein Land zurückgibt mit Ausschluß des zur Abfindung für Konrad bestimmten Glogauer Gebiets. Ob damals zu Konrads Antheil auch das Lebuser Land gekommen sei, bleibt zweifelhaft, gewiß aber scheint, daß Kasimir jetzt den mit seinem verkürzten oberschlesischen Landtheil unzufriedenen Mesko aus eigenen Mitteln durch Auschwitz, Zator, Pleß, Siewierz (das Stück Oberschlesiens, das fort und fort zur Diöcese Krakau gehörte) entschädigt hat. Neue Streitigkeiten entstanden über das durch den Tod des kinderlosen Konrad bald wieder erledigte Glogauer Land und dazu kommen Zerwürfnisse in Boleslaws eigenem Hause. Dieser hatte von seiner ersten Gemahlin, einer russischen Prinzessin Wenceslawa, einen Sohn Jaroslaw, der, als der Vater zu einer zweiten Ehe mit einer deutschen Prinzessin (Adelheid Christine) schritt und mit dieser mehrere Kinder zeugte, sich mehr und mehr diesem entfremdete und seinem Oheim Mesko anschloß. An dessen Seite kämpft er 1195 an der Mozgawa für den alten Polenherzog Mesko gegen die Söhne des 1194 verstorbenen Kasimir. Von Mesko unterstützt tritt er dem Vater in offener Empörung entgegen und erzwingt von ihm die Abtretung des Herzogthums Oppeln einschließlich des Neisse-Ottmachauer Gebietes für seine Lebenszeit, nachdem er der Möglichkeit legitimer Nachkommenschaft durch seinen Eintritt in den Priesterstand mit der Hoffnung, auf dem bischöflichen Stuhle von Breslau zu succediren, entsagt hat. Dieses Abkommen war geschlossen, ehe Herzog B. (um 1195) seinem Verwandten, dem deutschen Kaiser Heinrich VI., mit einem Heerhaufen zuzog, um denselben auf dessen letztem Römerzuge zu begleiten. Als er nach dreijähriger Abwesenheit in sein Land zurückkehrt, findet er dasselbe von den Nachbarfürsten, mit denen sein Sohn Jaroslaw, wie es scheint, im Einverständnis stand, bedroht, während Papst Innocenz III. die geistlichen Gewalten zu seinem Schutze aufgerufen hat. Er erlebt noch Jaroslaws Tod 1202 (22. März) und den Heimfall des Herzogthums Oppeln, dessen sich jedoch bei seinem Tode (7. oder 8. Dec. 1202) sein Bruder Mesko bemächtigt. Sein Hauptverdienst ist die Begründung der deutschen Colonisation, die unter seiner Regierung in Niederschlesien namentlich in den Gebieten um Liegnitz und Goldberg und wol auch auf den Gütern des Sandstifts am Zobten schon vielfach Boden gegriffen hat. Seine enge Verbindung mit Deutschland und die Einwanderung deutscher adlicher Familien im Gefolge seiner zweiten Gemahlin haben dies begünstigt, vor allem aber die Stiftung des Klosters Leubus, das er 1175 (nach anderen Angaben schon früher) gründete, reich dotirte, und deutschen Mönchen aus Kloster Pforta, dem vorzugsweise Ackerbau treibenden Cistercienserorden angehörig, überwies. Auch die Ersetzung der polnischen Benedictiner im Vincenzkloster bei Breslau durch deutsche Prämonstratenser hat er befördert. Er liegt in der Kirche von Leubus begraben, wo ihm im 14. Jahrhundert ein noch erhaltenes Hochgrab errichtet worden ist, während der ursprüngliche Grabstein zu einem anderen Epitaph verarbeitet wurde, jedoch so, daß noch Umrisse des früheren erkennbar sind.

Vgl. Luchs, Schlesische Fürstenbilder. Heft I und Alwin Schultz, Klosterkirche zu Leubus, Abhandlungen der vaterländischen Gesellschaft. 1870. Hauptquellen [100] für Boleslaws Leben sind Grünhagen’s Regesten zur schlesischen Geschichte im Cod. dipl. Siles. VII. Vgl. auch den Aufsatz dess. Verf. über B. Schles. Zeitschr. XI. 399.