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ADB:Bogislaw X.

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Artikel „Bogislav X., Herzog von Pommern“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 48–55, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bogislaw_X.&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:32 Uhr UTC)
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Bogislav X., Herzog von Pommern, geb. 3. Juni 1454, † 5. Oct. 1523, Sohn Herzogs Erich II. und der Sophia, einer Tochter des Herzogs Bogislav IX. [49] von Pommern. Die Jugendzeit dieses bedeutendsten unter den pommer’schen Herzögen ist in Dunkel gehüllt und von den Chronisten mit sagenhaften Erzählungen ausgefüllt, aus denen es schwer ist, den historischen Kern herauszuschälen. So viel scheint festzustehen, daß er durch das unglückliche Verhältniß zwischen den Eltern zu leiden hatte und mancherlei Entbehrungen in den Jahren, die dem Tode seines Vaters vorangingen, tragen mußte. Dem letzteren entfremdet und bei der in Rügenwalde lebenden Mutter arger Vernachlässigung preisgegeben, ließ er in seiner Jugend nicht ahnen, daß er einst der kluge Schöpfer und starke Erhalter eines Staates werden würde. Ein Bauer, Hans Lange, soll ihn der Verkommenheit entrissen und auf bessere Wege geleitet haben. Am 5. Juli 1474 starb sein Vater und am 25. Nov. desselben Jahres huldigten ihm die Stände in seinem Erbtheil Hinterpommern zu Stargard nach den althergebrachten Bedingungen; im Herzogthum Stettin, das er mit seinem Oheim, Wartislav X. von Wolgast, gemeinsam besaß, geschah dies erst am 25. Jan. 1477. Sehr bald nach seinem Regierungsantritt gerieth B. in Streit mit Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg, welcher auf den mit Herzog Erich II. am 31. Mai 1472 eingegangenen Vertrag fußend, von dem Sohne verlangte, die Herrschaft Pommern-Stettin von Brandenburg zu Lehn zu nehmen, da Letzterer sich weigerte, dem seinem Vater widerrechtlich abgedrungenen Vertrage Folge zu geben. Ob die hierüber geführten Verhandlungen im Frühjahr 1476 in offene Fehde ausarteten, ist nicht ganz ersichtlich, aber von Anfang an ging Bogislavs ganzes Bestreben dahin, von der Lehnsabhängigkeit sich auf jeden Fall frei zu halten. Erst der wiederholt zum Frieden rathenden Vermittlung der Herzöge Magnus und Albrecht von Mecklenburg gelang es, weitergehende Feindseligkeiten zu hindern. In dem nur mündlich hierüber abgemachten Vertrage ward Bogislavs Befreiung von der Belehnung ausgesprochen und dadurch ein solcher Ausgleich der Gegensätze herbeigeführt, daß B. sich entschloß, selbst gegen Widerrathen seines Oheims, sich um Margaretha, Tochter Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg zu bewerben, was am 28. Febr. 1477 zu Köln a. S. durch eine pommer’sche Gesandtschaft geschah. Noch in demselben Jahre wurde zu Prenzlau das Beilager gehalten. Durch dieses neue Verhältniß sah B. sich veranlaßt, dem Markgrafen Johann von Brandenburg mit 200 Pferden gegen Hans von Sagan in Schlesien beizustehen, und im Frühjahr 1477 sind auch beide mit dem Entsatz des durch jenen bedrohten Freistadt beschäftigt. Indessen dauerte das Einverständniß nicht lang, Wartislaw X. hatte auf Anregen und mit Beihülfe des Bartholomäus Brusehaver auf Brusenfelde die Grenzstadt Garz, in der Werner v. d. Schulenburg als märkischer Hauptmann lag, am 21. April 1477 überrumpelt und drei Tage darauf auch Vierraden genommen, auf welche Nachricht hin B. das märkische Heer in Schlesien verließ. Zum Ersatz für die dort aufgewendeten Kriegskosten und als väterliches Erbe forderte er darauf das Schloß Lökenitz von den Markgrafen Albrecht und Johann und brachte es auch durch Ueberfall am 30. April 1478 in seinen Besitz. In Folge hiervon rückte der Kurfürst mit seinen Söhnen Johann und Friedrich und vielen Herren aus Franken und Schwaben mit einer bedeutenden Macht zu Fuß und zu Roß und einer großen Anzahl von Geschützen von der Neumark her im August in Pommern ein, zerstörte Bahn, eroberte Bernstein und Satzig, und würde B. selbst in Pyritz in seine Gewalt bekommen haben, wenn derselbe nicht mittelst Anschlags eines Vasallen, Hans v. Küssow, von einem treuen Diener durch das Moor getragen, heimlich hätte entfliehen können. Erst nachdem der Kurfürst das Land arg verwüstet und siegreich bis Daber in Hinterpommern vorgedrungen war, gelang es der Vermittlung der beiderseitigen Räthe trotz der durch die fortdauernde Fehde, namentlich um Garz, hervorgerufenen Schwierigkeiten, einen Waffenstillstand vom 28. Sept. 1478 bis [50] zu Johannis 1479 herbeizuführen, und am 26. Juni wurde endlich zu Prenzlau auf Grund des Vertrages von 1472 der Friede von neuem dahin abgeschlossen, daß der Markgraf alles das von Pommern erblich behalten sollte, was er vorher besessen, Garz ausgenommen; das übrige blieb B., der von seinen in der Uckermark gemachten Eroberungen nur Straßburg wieder zurückgab, dagegen aber das Herzogthum Pommern mit allen Herrlichkeiten als Lehn von Brandenburg empfing. Das so sehnlich von B. erstrebte Ziel war also diesmal nicht erreicht. Schon mehrere Monate vor dieser Einigung, durch welche das Land in ziemlich ungeschmälertem Umfange erhalten blieb, war Herzog Wartislav X. als letzter aus der Linie der Wolgaster Fürsten jenseit der Swine ohne Erben am 13. Dec. 1478 zu Barth gestorben und B. alleiniger Herr des nach zweihundertjähriger Trennung wieder vereinten Pommerns. Am 28. Mai 1479 wurde ihm in Stralsund gehuldigt. Auf politischem Gebiete trat nun für einige Zeit Ruhe ein und B. konnte sich den Angelegenheiten seines Hauses widmen. Schon am 24. Mai 1478 hatte er seine Schwester Sophia mit dem Herzog Magnus von Mecklenburg-Schwerin vermählt, im J. 1482 heiratete dessen Bruder Balthasar die andere Schwester Margaretha, und um die dritte, Katharina, warb 1486 Heinrich der Aeltere von Braunschweig-Wolfenbüttel. Sie wurde ihm nicht nur im August dieses Jahres angetraut, sondern B. erwies sich dem neuen Schwager auch dadurch freundlich, daß er gleich nach der Hochzeit mit wohlgerüsteter Mannschaft ihm gegen Hildesheim und andre widerspänstige Städte zu Hülfe zog. In gleicher Weise aber mit weniger Glück half er 1487 dem andern Schwager Magnus von Mecklenburg gegen die Stadt Rostock, doch die Städter verwüsteten Rügen und nöthigten den Herzog zum Abzuge. Im J. 1489 starb seine Gemahlin, die Herzogin Margaretha, kinderlos, dadurch eröffnete sich B. die Aussicht auf eine zweite glänzendere Heirath mit Anna, der Tochter des Polenkönigs Casimir. Am 7. März 1490 wurden zu Grodno die Bedingungen besprochen und im Januar des folgenden Jahres ihm die Braut zugeführt, mit der er am 2. Febr. 1491 in großer Pracht zu Stettin seinen Einzug hielt. Wenige Tage vorher hatte er ihr zu Ehren den von seinem Vater gestifteten Marienorden erneuert und durch Stiftung eines Ordenszeichens vermehrt. – Auf diese einflußreiche Verwandschaft gestützt und veranlaßt durch die vom König Maximilian 1491 direct an ihn erlassene Forderung der Reichshülfe, was als indirecte Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit angesehen werden konnte, weigerte sich B. jetzt von neuem bestimmt, solange er noch eine Stadt und ein Schloß besäße, sein Land von Brandenburg zu Lehn nehmen zu wollen. Nach zweijährigen, pommer’scher Seits mit großer Hartnäckigkeit betriebenen Verhandlungen kam es dahin, daß am 26. März 1493 der Kurfürst in einem zu Pyritz geschlossenen Vertrage B. für sich und seine Erben auf ewig des Lehnsempfanges ledig erklären und auch einige Grenzorte abtreten mußte, und nur das Anfallsrecht zugesichert erhielt. So hatte denn B. nach beinahe zwanzigjährigem Ringen das Ziel seines Strebens erreicht, Pommern war unabhängiges Reichsland geworden, der ewige Streit an den Grenzen war beigelegt, auch im Innern waren bedeutende Schritte zu geordneten Zuständen gethan und manche Erfolge schon erzielt. – Im Jahr 1496 hatte König Maximilian an alle deutsche Fürsten die Aufforderung gerichtet, sich an seinem Unternehmen nach Italien zu betheiligen, das zugleich sein Römerzug sein sollte. B. ergriff dies mit Lebhaftigkeit und knüpfte daran die Ausführung eines andern langgehegten Planes, das heilige Land zu besuchen. Er machte sich dazu, des Widerrathens seiner Umgebung, sowie der Bitten seiner Gemahlin ungeachtet, im December 1496 auf den Weg. Die Mittel zu dem kostspieligen Unternehmen wurden durch eine von den Ständen, der Geistlichkeit und den Städten auf zwei Jahre erhobene Steuer beigebracht, [51] das Land unter den Schutz der Könige von Dänemark und Polen, sowie der Herzöge von Mecklenburg und die Regierung dem Bischof von Cammin und dem Kanzler Kleist anvertraut, so daß B. am 16. December sich von Stettin aus mit zahlreichem ritterlichen Gefolge und Dienerschaft, zusammen 300 Pferde stark und in sieben Züge geordnet, auf den Weg machen konnte. Ueber Berlin und Wittenberg ging die Reise durch Thüringen nach Nürnberg, wo man am 17. Jan. 1497 anlangte und unter allerhand Festlichkeiten bis zum 15. Februar verweilte. Ein kurzer Besuch bei dem Kurfürsten Philipp von der Pfalz in Heidelberg wurde später von Wichtigkeit für die pommer’schen Familienangelegenheiten. Das nächste Ziel war Worms, wo der Reichstag den 9. April 1497 eröffnet werden sollte, da aber die Ankunft des Königs Maximilian nicht zu erwarten war, brach B. nach Tirol auf, wo jener weilte. Am Donnerstag den 6. d. M. in der Nähe von Innsbruck angelangt, wurde er vom König und dessen zahlreichem Gefolge, darunter die Herzöge Friedrich und Johann von Sachsen, Erich von Braunschweig und mehrere Bischöfe, festlich empfangen, indem Maximilian seine Zufriedenheit äußerte, daß B. seinem Begehren, sich am italienischen Zuge zu betheiligen, Folge geleistet habe. Da dieser Zug jedoch vorher schon von Maximilian, ohne die Hülfe des Fürsten abzuwarten, unternommen und gescheitert war, so ließ sich B. nicht länger von ihm halten, sondern verließ Innsbruck den 15. April. Hier beginnt nun die eigentliche Pilgerfahrt, die sich schon dadurch kennzeichnet, daß der größte Theil des fürstlichen Gefolges unter Führung Werners v. d. Schulenburg nach Hause geschickt wurde, während die kleine Zahl der Begleiter, eine gemeinschaftliche Haushaltung bildend, nunmehr auf weniger kostspieligem Fuße eingerichtet, weiter zog. Am 24. April langte der Zug über Trient in Venedig an. Der noch erhaltene Contract vom 24. April und 8. Mai 1497 mit dem Schiffspatron Aluisius Gongio für die Ueberfahrt von Venedig nach dem heiligen Lande und zurück, für gute und ausreichende Beköstigung während dieser Zeit und persönliche Begleitung nach dem heil. Grabe und dem Jordan als Schutz, sowie einige unterwegs an die Herzogin Anna geschriebene Briefe geben ein anziehendes Bild von der Reise und ihren Erlebnissen. Nach dem Contract, in welchem B. unter dem Pilgernamen „Bruder Georg“ aufgeführt ist, wurden für die 55 Köpfe starke Pilgergemeinde 2750 Ducaten bezahlt. Die Abfahrt verzögerte sich noch mehrere Wochen, die B. zu einem Besuch der Universität Padua benutzte, bis man am 4. Juni unter Segel ging. Am 28 d. M. erreichten die Reisenden Modon auf Morea, den letzten Posten der venezianischen Republik, ohne weitere Gefährdung. Am 30. d. M. aber, zwischen dem Cap Malea und Candia hindurchfahrend, wurden sie von einem fremden Geschwader, neun Schiffe stark, eingeholt und angegriffen. Der sagenhaft ausgeschmückte Kampf, in dem auch Wunder nicht fehlten, und in welchem B. durch seinen Muth und seine Geistesgegenwart Allen ein ermunterndes Beispiel gab, endete zwar nicht mit einer directen Niederlage der Pilger, doch mußten dieselben sich das Geleit der feindlichen Schiffe bis nach Candia gefallen lassen, wo sie die Gefallenen begruben. Am 14. Juli gelangten sie nach Rhodus, hier erst konnten die im Gefecht schwer verwundeten unter der Pflege der Johanniter zurückgelassen und bis zum 20. Rast gehalten werden. Am 25. Juli erreichten die Pilger Cypern und betraten am 3. Aug. zu Jaffa den Boden des heil. Landes. Unter mohammedanischer Begleitung setzten sie die Reise nach Jerusalem fort, das sie am 20. Aug. erreichten. Der Besuch der heiligen Stätten nahm den übrigen Theil des Monats in Anspruch; das heil. Grab betrat B. drei Mal, wurde daselbst von dem Bruder Hans von Preußen zum Ritter geschlagen und ertheilte dieselbe Würde darauf selbst mehreren seines Gefolges. Am 30. Aug. verließ die Gesellschaft Jerusalem, nachdem vorher noch ein Ausflug nach Bethlehem [52] und Bethanien gemacht war, und schiffte sich den folgenden Tag zur Rückkehr in Jaffa ein. In Rhodus, das er am 29. Sept. erreichte, fand B. die zurückgelassenen Gefährten von ihren Wunden geheilt. Am 18. November erst kamen die Pilger wieder in Venedig an. Die Republik empfing den Herzog mit hohen Ehren und stellte zu dem Zweck Festspiele an, welche seine Thaten gegen die Seeräuber verherrlichten. Von Venedig aus besuchte B. über Ravenna und S. Loretto reisend Rom, wo Papst Alexander VI. ihn am 18. Dec. empfing, am Christfest mit geweihtem Hut und Degen beschenkte und sich ihm durch Ertheilung wichtiger Privilegien günstig erwies. Der Rückweg aus Italien ging, nachdem Rom am 19. Jan. 1498 verlassen war, über Florenz, Bologna, Verona, und am 13. Februar langte die Gesellschaft wieder in Innsbruck an, wo König Maximilian dem Herzoge zu Ehren mancherlei Fastnachtslustbarkeiten anstellen ließ, ohne ihn jedoch zum Dienste gegen die Republik Venedig und Frankreich bewegen zu können. Am 13. März verließ B. Innsbruck, wo er im Lanzenstechen seine Kraft und Geschicklichkeit gezeigt hatte, und erreichte über Nürnberg, Koburg, Wittenberg und Spandau, wo er den kranken Kurfürsten Johann besuchte, am 12. April Stettin, das ihn festlich empfing. Die Störungen, die zwischen ihm und dieser Stadt schon früher wegen der Gerichtsbarkeit obgewaltet hatten, wurden im J. 1502 durch seinen Plan, das herzogliche Schloß daselbst auf Kosten der Stadt zu erweitern, noch vermehrt, ein unbedeutender Anlaß brachte es zum offenen Bruch, so daß B. mit seinem ganzen Hofe sich nach Garz begab, und von dort aus der widerspänstigen Stadt alle Zufuhr abschnitt, bis sie im Januar 1503 mit einer Geldbuße, Verweisung des Rädelsführers und Abtretung des zum Schloßbau gewünschten Bodens den Frieden erlaubte. Bald darauf begann ein weit ernstlicherer Streit mit Stralsund, das, am Kampfe der Hansa gegen Dänemark Theil nehmend, von König Johann dadurch bedrängt wurde, daß derselbe in Folge eines Bündnisses mit B. auf Rügen landete, während letzterer selbst von Barth, Triebsees und Greifswald aus der Stadt die Zufuhr abschnitt. Um sich zu rächen, fielen die Bürger über die herzoglichen Güter auf der Insel her und verwüsteten dieselben. Erst im März 1504 kam es durch Vermittlung der Herzöge von Mecklenburg zu einem Receß in Rostock, in welchem B. die alten Privilegien der Stadt in Zoll- und Rechtssachen bestehen ließ, jedoch mit Ausnahme aller Rechtsfälle gegen die Stadt als solche, die er vor sein fürstliches Forum zog. Im J. 1512 drohte abermals Fehde auszubrechen, weil herzogliche Handelsschiffe von der Stadt mit Beschlag belegt worden waren, indeß wurde zu Greifswald der Friede durch eine Erneuerung des Rostocker Vertrags wiederhergestellt. Mit Brandenburg waren sehr bald nach Bogislavs Rückkehr von der Wallfahrt neue Uneinigkeiten entstanden, indem der neue Kurfürst Joachim die Herausgabe der Mitgift von Bogislavs erster kinderlos gestorbener Gemahlin forderte und zugleich die Gültigkeit der Abmachungen wegen des Lehnsverhältnisses in Frage stellte. Sie kamen zu keinem festen Abschluß, dagegen vermehrte sich die Spannung dadurch, daß der Kurfürst sich unzufriedener pommer’scher Vasallen annahm, zur Vermeidung des Durchgangszolles eine eigene Handelsstraße nach Preußen anlegte und endlich durch Hülfe von Kaiser und Papst die Bischofswahl von Cammin 1518 zu beeinflussen strebte. Um sein Interesse zu wahren, besuchte B., nun schon hoch bejahrt, persönlich die Reichstage zu Worms 1521 und Nürnberg 1523, wo ihm auch in der Einnahme der Reichsstandschaft von Brandenburg hartnäckig Hindernisse in den Weg gelegt wurden, die während seiner Lebenszeit nicht mehr zum Austrage gelangt sind. – Bald nach der Rückkehr von Nürnberg erkrankte B.; ein Versuch, durch Verlegung des Aufenthalts nach Wolgast Linderung zu verschaffen, war ohne den gewünschten Erfolg, so daß er sich nach Stettin zurückbringen ließ, wo er in [53] Standhaftigkeit den Tod erwartete, der ihn am 5. Oct. 1523 nach 48jähriger Regierung ereilte. Was er während dieser Zeit geleistet, war nach der Vernachlässigung, die er in der Jugend erfahren, durchaus nicht von ihm zu erwarten gewesen, durch eigene Anstrengung, starken Willen und kluge Benutzung der Umstände hat er es dahin gebracht, daß er ohne Frage als Gründer des pommer’schen Staats und als der bedeutendste unter den pommer’schen Fürsten dasteht. Wie er sein ganzes Leben hindurch im Kampf mit Brandenburg gelegen hatte, um sich in Unabhängigkeit von demselben zu erhalten, so war er nicht minder auch im Innern auf Wahrung seiner Hoheitsrechte bedacht, namentlich nachdem er auf seiner Reise durch die süddeutschen Staaten Gelegenheit gehabt hatte, zu sehen, daß dort in ganz anderer Weise, als bisher in Pommern geschehen, die fürstliche Gewalt sich Geltung zu verschaffen wisse. Zunächst galt es ihm, die Privilegien der Städte einzuschränken und für die Rechtspflege einen Mittelpunkt zu schaffen in der Einführung einer fürstlichen Appellationsinstanz, ein Ziel, welches er jedoch nur theilweis erreichte, denn Stralsund z. B. suchte nach wie vor sein Recht in Lübeck. Daß er Auflehnungen der Städte gegen seine fürstliche Gewalt nicht ungeahndet hingehen ließ, zeigen die oben angeführten Kämpfe mit Stettin und Stralsund, noch mehr aber empfand es Cöslin, welches in einem Streit mit einigen von des Herzogs Hofleuten im J. 1480 diesen selbst gefangen genommen hatte und sich durch eine Summe von 3000 rhein. Goldgulden, Tilgung aller herzoglichen Schulden und mancherlei Demüthigung von der Strafe der Majestätsbeleidigung loskaufen mußte. Am nachdrücklichsten aber wurde mit Hülfe des Markgrafen von Brandenburg und der Herzöge von Mecklenburg der Trotz des Ritters Bernd v. Malzan auf Wolde gestraft, der sich beharrlich weigerte, wegen der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen vor dem herzoglichen Gericht zu erscheinen. Er wurde seiner Lehne für verlustig erklärt, und als er diesem Urtheil Gewalt entgegensetzte und sich in seiner Burg Wolde zu hartnäckiger Vertheidigung anschickte, dieselbe Ende August 1491 zerstört. – Beim Antritt seiner Regierung fand B. den größten Theil des fürstlichen Eigenthums erblich oder als Pfand in den Händen des Adels, er drang daher auf strenge Durchführung des Lehnrechts, ließ heimgefallene Lehne sofort einziehen, wenn die gesammte Hand nicht nachgewiesen werden konnte, und wahrte, indem er die Einführung regelmäßiger Lehnbriefe durchsetzte, seine Rechte als Oberlehnsherr. Daß es hierbei nicht immer ohne Härte und schlaue Benutzung seines Vortheils herging, muß zugegeben werden, namentlich bediente er sich bei diesen Angelegenheiten zweier von fremd hergezogener, scharfsinniger Juristen, des Johann Kitscher aus Meißen und des Peter von Ravenna, welchen letzteren, ein Wunder der Gelehrsamkeit, er auf der Rückkehr von Palästina in Padua kennen gelernt hatte. Er bewog ihn mit nach Pommern zu ziehen, wo er ihn zu seinem Rath ernannte und ihm die gerade vacante Rectorwürde der Universität Greifswald ertheilen ließ. – Aus Bogislavs Thätigkeit auf dem Gebiet der Finanzen verdient seine Bemühung um ein besseres Münzwesen hervorgehoben zu werden. Im J. 1489 stellte er eine neue Münzordnung auf, die zum Zwecke hatte, die Prägung nach gleichem Schlage im ganzen Lande einzuführen, deren Anerkennung durch die münzberechtigten Städte er aber nur nach und nach und nicht ohne Schwierigkeiten durchsetzte. Die ersten pommer’schen Goldmünzen sind unter ihm, und zwar von gleichem Schrot und Korn wie die rheinischen, geschlagen worden. Die Berechtigung dazu erwarb er 1498 auf seiner Rückkehr von der Wallfahrt zu Innsbruck vom König Maximiliam als Anerkennung seiner Tapferkeit gegen die Türken. Auch nach anderer Seite hin war er auf diesem Felde thätig, im Jahre 1485 erhob er zum ersten Mal und trotz des Widerspruchs der Stände einen allgemeinen Landschoß, der reichen Ertrag brachte; das bisherige Recht [54] des Einlagers in Klöster verwandelte er in eine Abgabe an Geld und Naturalien, und als er 1487 dem Johanniterorden seine Güter bestätigte, legte er demselben zugleich wie den übrigen Vasallen Landbede und andere Dienste auf. Auch die Zölle von Dammgarten und Wolgast wurden kraft des ihm hiefür ertheilten kaiserlichen Privilegs erhöht. Ueberall war er auf seinen pecuniären Vortheil bedacht und ermahnte unter anderm von Innsbruck aus seine Gemahlin brieflich, die Amtsvögte zur prompten Einzahlung der Gefälle anzuhalten. – Im Bisthum Cammin, dessen Zusammenhang mit Pommern bis dahin ein loser gewesen war, setzte er es durch daß nur ihm genehme Persönlichkeiten auf den bischöflichen Stuhl kamen, nachdem in seiner Jugend durch die Wahl eines Ausländers Marinus viel Zwist unter den Geistlichen dieses Sprengels angeregt war. Durch päpstliche Privilegien, die er sich bei seiner Anwesenheit in Rom 1497 vom Papste Alexander VI. selbst erwirkt hatte, erlangte er das Recht de non evocando und der Verleihung von Prälaturen innerhalb seines Landes, namentlich der Propstei in den Domstiftern. Seine Hofhaltung, für die er schon 1487 eine neue Ordnung entworfen hatte, wurde noch fester dadurch geregelt, daß seit 1491 Stettin bleibende Residenz geworden war, hier hatte er seine Räthe, unter denen Werner v. d. Schulenburg, Hauptmann des Landes Stettin, Heinrich Borck, Adam Bodewils und der Kanzler Georg Kleist die hervorragendsten sind, beständig um sich, die von hier aus die Verwaltung führten und dafür besoldet wurden. An seinem Hofe liebte er Gepränge und frohe, oft derbe Lust. Er war nach dem Zeugnisse seiner Zeitgenossen ein[WS 1] Mann von schöner und kräftiger Gestalt, dessen wohlgeformte Züge als hervorragenden Charakterzug große Festigkeit ausdrückten. Seine kirchliche Frömmigkeit, in der er täglich die Messe hörte, den Sonntag auch von seinem Gesinde streng beobachten ließ, ist anzuerkennen, für die reformatorische Bewegung jedoch, die namentlich in Stettin und Stralsund unruhige Wellen trieb, hatte er bei seinem damals schon hohen Alter kein Verständniß, wenn er auch auf dem Rückwege von Nürnberg Luthern in Wittenberg aufsuchte und seiner Predigt beiwohnte. Bogislavs häusliches Leben war kein ruhiges, seine Mutter machte Ansprüche auf die Regierung des Herzogthums Wolgast jenseits der Swine, das sie geerbt hatte, und enthielt ihm den herzoglichen Schatz und die Kleinodien vor. Wegen des ersten Punktes söhnte er sich 1483 durch einen Vergleich mit ihr aus, worin sie allen Ansprüchen auf das Land Pommern und auf ihr Leibgedinge gegen Schloß und Stadt Usedom und eine Jahresrente von 1000 Gulden entsagte. Was aus dem Schatz geworden, darüber fehlt jede Nachricht. Von seinen fünf Schwestern steuerte er die drei ältesten bei ihrer Verheirathung standesgemäß aus, die beiden jüngsten traten in den geistlichen Stand. Das Verhältniß zu seiner ersten, ihm durch die politischen Umstände aufgenöthigten Gemahlin war von Anfang an ein kaltes, er lebte getrennt von ihr, und selbst als sie 1488 an das Krankenbett des auf einer Hirschjagd schwer verwundeten Gemahls eilte, ließ er sie nicht vor sich. Der zweiten Gemahlin dagegen war er in wärmster Liebe zugethan, wie seine von der Wallfahrt aus an sie gerichteten Briefe zeigen und die Zahl der acht aus dieser Ehe entsprossenen Kinder beweist. „Wir wollen“, so schreibt er im Hinblick auf die baldige Rückkehr, „mehr Freude mit einander haben, als ein Schiff von hunderttausend Last Rosenblätter zu tragen vermag, als Körner im Meere sind und Wasser durch die Schleuse von Rügenwalde läuft.“ Seinen ältesten Sohn Georg vermählte er im Mai 1513 mit Emilie v. d. Pfalz, die Tochter Anna 1515 mit Georg I., Herzog von Liegnitz, und eine andere, Sophia, im October 1518 mit Friedrich, Herzog von Holstein, später als Friedrich I. König von Dänemark. In den letzten Jahren seines Lebens, nachdem auch seine zweite Gemahlin den 12. Aug. 1503 gestorben war, und er nach der Vermählung seiner [55] Kinder allein stand, ergab sich der körperlich noch kräftige Mann einem zügellosen Leben, das schon in den Augen seiner Zeitgenossen einen trüben Schatten auf sein sonst so ruhmreiches Leben warf.

J. E. Benno, Bogislaus X., Herzog von Pommern. Ein historisches Gemälde. Cöslin 1822. Urkunden d. Staatsarchivs zu Stettin.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in