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ADB:Bodmer, Daniel

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Artikel „Bodmer, Daniel“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 17–18, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bodmer,_Daniel&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:15 Uhr UTC)
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Bodmer: Daniel B., geb. 15. Septbr. 1769 in Zürich, † 25. Juni 1837 ebendaselbst, Vorstand des größten züricherischen Seidengeschäftes seiner Zeit. Als Kind begüterter und verständiger Eltern erhielt B. „zum Windegg“ eine so gute allgemeine und berufliche Ausbildung, als sie damals überhaupt möglich war. Mit 16 Jahren trat er in die von seinem Vater geleitete Seidenhandlung „Hans Conrad Muralt und Söhne“, eine damals schon etwa 100 Jahre alte und heute noch unter den ersten fortbestehende Firma. Mit dem Jahre 1790 unternahm er zu seiner weiteren Ausbildung längere Reisen nach Italien, Deutschland und Frankreich und benutzte dieselben auch vielfach zur Anknüpfung neuer Geschäftsverbindungen. Reich an Erfahrungen aller Art nach Zürich zurückgekehrt, überließ ihm sein Vater nun die selbständige Leitung des Geschäftes. Der junge Mann ahnte wol kaum, welche schwere Zeiten seiner Handlung und seinem Vaterlande so nahe bevorstanden. Mit ihren Anfängen bis in das 13. Jahrhundert zurückreichend, dann besonders durch die vertriebenen Evangelischen aus Locarno (die Muralt, Orelli, Pestalozzi), wieder durch vertriebene französische Hugenotten gehoben, befand sich die züricherische Seidenindustrie gerade in diesem Augenblicke in besonders günstiger Lage; denn nach der Eroberung und der Verwüstung von Lyon durch die Conventstruppen wandte sich der Begehr für Seidenwaaren vorzüglich nach Zürich, wo die von den Stadtbürgern als Monopol betriebene Handlung mit Rohstoff und Waaren noch einmal einen großen Aufschwung nahm. Allein fünf kurze Jahre nachher wurde auch die Schweiz in den Strudel der Revolution und der Revolutionskriege hineingezogen und gerade die Umgebung von Zürich der Schauplatz blutiger Kämpfe. Das Monopol der Stadtbürger hörte auf; aller Handelsverkehr war gänzlich unterbrochen oder doch höchst gefährdet; der Bezug der Seide war zeitweise unmöglich, der Absatz stockte; überall bildeten sich ganz neue Gestaltungen und Beziehungen. B. hatte sich unter der alten Ordnung der Dinge glücklich gefühlt und behielt Zeit seines Lebens eine gewisse Vorliebe für dieselbe bei. Er ließ sich dadurch aber keinen Augenblick abhalten, seine geschäftliche Stellung mit aller Raschheit und Energie jeweilen den nun durch nahezu zwei Jahrzehnte in fortwährender Umwälzung begriffenen Verhältnissen anzupassen, und sein Scharfblick ließ ihn stets wieder die richtigen Wege erkennen und ausfindig machen. Nicht durch gewagte Speculationen, wozu jene Zeit so sehr verlockte, vielmehr durch kaltblütige Beharrlichkeit und kluge Benutzung aller Umstände, verbunden mit makelloser Rechtschaffenheit, stieg das Haus „H. C. Muralt und Söhne“ trotz aller Bedrängnisse des Handels durch die napoleonischen Kriege und Gewaltmaßregeln unter der Leitung von B. immer höher. Wie ruhig und consequent B. sein Geschäft inmitten des allgemeinen Getümmels betrieb, mag am besten daraus ersehen werden, daß er seit der Uebernahme der Handlung 50 Jahre lang jede Frankfurter Messe besuchte, 100 Messen [18] nach einander ohne Unterbrechung. Seit mit der Restaurationszeit wieder geordnete Zustände eintraten, dehnte B. seine Geschäftsbeziehungen nach allen Seiten hin aus; besonders lebhaft waren sie mit den Rheinlanden. Den mächtigen Aufschwung der züricherischen Seidenindustrie, der mit den dreißiger Jahren eintrat, vornehmlich durch Verbreitung der selbständigen Fabrikation über das Land, half B. durch seine ganze Wirksamkeit und sein Beispiel zuerst vorbereiten und förderte ihn dann mittelbar und unmittelbar nach Kräften, vor allem auch dadurch, daß er mit großer Menschenkenntniß tüchtige junge Anfänger durch großartige Credite zu billigen Bedingungen und durch wohlwollenden und erfahrenen Rath unterstützte. Eine zurückgetretene Gicht raffte den noch kräftigen Mann in seinem 68. Jahre unerwartet hinweg. Die thätige Theilnahme am öffentlichen Leben reizte B. nicht, wie er überhaupt Feind jedes anspruchsvollen öffentlichen Auftretens war. So stellte er z. B. mit sehr bewußter Absicht ein prächtiges neues Wohnhaus an einen Platz, wo es nicht neben andern auffallen konnte und man es beinahe suchen mußte. Auch bezog er es selbst niemals, sondern überließ es den Söhnen. Ebenso geschah seine Unterstützung gemeinnütziger Unternehmungen – oft mit bedeutenden Summen – und sein reichliches Wohlthun möglichst im Stillen. Anspruchslos war B. in seinem ganzen Privatleben, liebenswürdig und anregend im Umgange, ein treuer Freund den Freunden.