Zum Inhalt springen

ADB:Bernbrunn, Carl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bernbrunn, Carl“ von August Förster in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 410–411, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernbrunn,_Carl&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:45 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Bernbeck, Friedrich
Nächster>>>
Bernd, Adam
Band 2 (1875), S. 410–411 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Carl in der Wikipedia
Carl Carl in Wikidata
GND-Nummer 118834800
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|410|411|Bernbrunn, Carl|August Förster|ADB:Bernbrunn, Carl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118834800}}    

Bernbrunn: Karl B., bekannter unter seiner Theaternamen Karl Karl, geb. zu Krakau 1787, gestorben zu Ischl im Salzkammergute 14. Aug. 1854. Ursprünglich für den Militärstand bestimmt, wurde er in der kaiserl. königl. österreichischen Ingenieurakademie erzogen. Als Fähnrich trat er in die Armee und macht den Feldzug von 1809 mit, während dessen er in französische Kriegsgefangenschaft gerieth. Er sollte in Mantua erschossen werden, fürstliche Verwendung befreite ihn. Er mußte das Ehrenwort geben, nie wieder gegen Frankreich zu fechten. Schon früher für den Schauspielerberuf erglüht, betrat er jetzt zum ersten Male die Bühne des Josephstädter Theaters in Wien. Obwol sein Debut glücklich ausfiel, fand er doch die lebhafteste Opposition bei seinen früheren Kameraden, welche die Standesehre befleckt erachteten durch das öffentliche Auftreten eines noch mit dem Officierscharakter bekleideten Mannes. Karl verließ deshalb Wien und fand in München einen entsprechenden Wirkungskreis. Zunächst am „Herzoggartentheater“ engagirt, trat er nach dem Brande desselben an das Isarthortheater über, dem unter des Freiherrn de la Motte Leitung stehenden zweiten Hoftheater. Hier gründete er seinen Ruf und sein Glück. Er war als Schauspieler beliebt und machte sich, mit rastloser Energie und eisernem Fleiß sowie mit praktischem Bühnenverständniß ausgstattet, bald zum unentbehrlichen Rathgeber des Intendanten und zum dirigirenden Regisseur. Als im J. 1818 das neu erbaute Hoftheater eröffnet wurde, stieg er zum Director des Isarthortheaters auf, welches nun ganz selbständig und abgesondert von der Intendanzadministration von ihm geleitet wurde. Auf der Wiener Volksbühne blühte damals das neue Genre der Localpossen, welche in den Sitten und Gewohnheiten des Volkes selbst ihre Wurzel und das Geheimniß ihrer Wirksamkeit hatten. Gleich und namentlich Bäuerle waren die erfolgreichsten Vertreter dieser litterarischen Richtung. Karl erkannte mit dem ihm eigenen Scharfblick und seinem erfinderischen Instinct, daß er mit der Einführung dieser Localpossen in München einen glücklichen Wurf thun könnte. Die Figur des Parapluiemachers Staberl in Bäuerle’s „Bürgern von Wien“, welche er mit größtem Erfolge spielte, regte ihn zu seinen „Staberliaden“ an. Er schuf sich im „Staberl“ einen eigenen komischen Charaktertypus, in welchem der alte deutsche Hanswurst verjüngt auf der Scene erschien. Als solcher wurde er die Hauptperson einer Menge theils von Karl selbst verfaßter, theils von ihm beeinflußter Possen, welche meist nach vorhandenen Stoffen – Goldoni mußte namentlich herhalten – bearbeitet waren. Seine wirksam auf den Beifall des Publicums speculirende Spielweise verschaffte diesen Possen einen großen Erfolg und dem von ihm geleiteten Theater eine außerordentliche Prosperität, welche endlich den Neid der Hoftheaterintendanz erregte, welche der Rivalität der Karl’schen Direction, die durch rührige Productivität und praktischen Sachverstand ausgezeichnet war, sich nicht gewachsen fühlte. Zwar gelang es Karl’s Beliebtheit in den höchsten Kreisen mehrere Male die drohende Gefahr der Auflösung des Theaters am Isarthor abzuwenden, als er aber 1825 bei einem Gastspiele am Theater an der Wien in der österreichischen Hauptstadt mit seiner Gesellschaft eine glänzende Aufnahme gefunden hatte, entsprach die 1826 bei dem Thronwechsel in Baiern erfolgende Aufhebung des Isarthortheaters wol seinen eigenen Wünschen. Karl wurde pensioniert und siedelte mit seiner Gesellschaft nach Wien über. Hier spielte er auf dem Josephstädter und dem Theater an der Wien. Im Verein mit den Komikern Scholz und Nestroy, der ihm auch als Possendichter ein außerordentlicher Gehülfe ward, erhob er seine Bühne zu nie geahnter Popularität [411] und erwarb ein bedeutendes Vermögen. 1838 kaufte er das Leopoldstädter Theater und leitete bis zum J. 1845 das Theater an der Wien und das auf der Donauinsel, jenes als Pächter, dieses als Eigenthümer. Als im J. 1845 das Theater an der Wien von Franz Pokorny, welcher seine Offerten überboten hatte, käuflich übernommen wurde, blieb Karl auf das Theater in der Leopoldstadt beschränkt. Er baute dasselbe neu auf und eröffnete das neue Haus, welches nach ihm Karltheater genannt wurde, am 20. Dec. 1847. Sein Glück verminderte sich von jetzt an; noch einmal nur errang er durch Erwerbung des Komikers Karl Treumann, den er dem Theater an der Wien abspenstig machte und neben den allbeliebten Scholz und Nestroy ins Feuer schickte, einen glänzenden Erfolg. 1854 starb er am Schlagfluß. Karl war ein Mann von ungewöhnlichem Talente für die Bühnenleitung. Scharfsinnig und erfinderisch wußte er mit seltener Treffsicherheit auf die Bedürfnisse eines schaulustigen Publicums zu speculiren, mit eiserner Willenskraft führte er seine Entschlüsse durch, mit seltenem Geschick beutete er die schauspielerischen und schriftstellerischen Talente aus, und beherrschte die technischen Hülfsmittel der Bühne. Höhere Ziele verfolgte er nie, der Erfolg um jeden Preis war das Ziel seiner directionellen Thätigkeit, dem er rücksichtslos nachstrebte. Die Theaterleitung war ihm ein Feld der Speculation und er beherrschte dasselbe mit souveränem Geiste, ein ebenso kluger Generalstäbler, als schlagkräftiger Feldherr des theatralischen Eroberungskrieges. Das Schlachtenglück blieb denn diesem Bühnen-Napoleon auch fast immer treu und er erreichte das Ziel seiner Laufbahn, die Erwerbung eines großen Vermögens. Er starb als Wittwer, nach der tüchtigen Schauspielerin Margarethe Lang, die er in München geheirathet hatte.