ADB:Beckerath, Moritz von
Alfred Rethel’s Vorgang, seine Studien 1857 bei Professor Joseph Kehren in Düsseldorf, übersiedelte 1859 nach München zu Moriz v. Schwind, ging aber alsbald seine eigenen Wege. Nach dem Beispiele seiner Meister verwendete B. alle Kraft auf Composition, Zeichnung und treffende Charakteristik. Es gährte etwas Titanenhaftes, Wildes, Großartiges in seinen Ideen und Conturen. Zu seinen ersten Arbeiten gehörte ein streng durchgearbeiteter Carton mit dem die Sachsen zur Schlacht anfeuernden Wittekind. Ihm folgte ein Cyklus mit Zeichnungen zur Geschichte der „Brunhild“, eine Episode aus der „Cimbern-Schlacht“, und als seine abgeklärteste Schöpfung eine Folge von sieben Blättern mit Bildern aus der „Geschichte des ersten Kreuzzugs“, wozu der Künstler seinen Stoff beiläufig nach Wilken sich zurechtlegte: Die bewegten Scenen des Abschieds und Auszugs (1), die ungeduldig vorwirbelnde Staubwolke der Presthaften, Krüppel, Büßer und Schwärmer, die nach der Sage als wegeweisende Thiere eine Geis und eine Gans vor sich hertrieben (2), die Treulosigkeit und tückische Hinterlist der byzantinischen Händler (3), die namenlosen Entbehrungen bei Wassermangel im heißesten Marsch durch Bithynien (4) bildeten das Vorspiel. Dann folgte der erste Sturm auf die Stadtmauer aus dem Thurme des Herzogs Gottfried (5), das Gemetzel in der blutig eroberten Stadt (6) und als überraschendes Gegenstück die Andacht des demüthigen Gottfried von Bouillon in der Kirche des hl. Grabes (7). B. vereinte in diesen nur leicht mit Farbe untertuschten Zeichnungen, deren erste 1861 entstand, die Größe Rethel’s mit Schwind’s anmuthender Erzählergabe. Später folgte noch eine große Federzeichnung, die „Belagerung der Stadt Jerusalem“, wobei es dem Künstler gelang, trotz des figurenreichsten Gewimmels eine übersichtlich klare Wirkung zu erzielen. Er bewies sich sowol inbetreff des Costüms, wie auch durch die im wohlthätigen Wechsel angebrachten culturhistorischen Charakterzüge als einen dichtenden, denkenden und genial arbeitenden Künstler. Weniger glücklich war der „Tod des Grafen Ulrich von Württemberg in der Schlacht bei Döffingen (1388)“, wozu Uhland’s Ballade den Maler begeisterte. Ganz in Alfred Rethel’s Manier mit scharf umschriebenen Contouren erschien der „Götz von Berlichingen unter den Zigeunern“ und die „Bestattung des Westgothen-Königs Alarich im Flußbett des Busento“. B. ging gerne auf dem historischen Kothurn, während die lyrische Idylle („Raphael und sein Lieb“ und „Dornröschen“) nicht in sein Repertoire taugte. Geringeren Beifall fanden die Scenen aus „König Lear“ und fünf Zeichnungen zur „Geschichte der Merowinger“; um so packender traf B. den Ton mit „Prinz Eugenius“, welcher durch den Holzschnitt in den „Düsseldorfer Monatsheften“ freilich etwas modernisirt erschien. Sehr günstig aufgenommen wurden die etwas outrirten Bilder „Napoleon’s Flucht aus Moskau“ (1866), ein „Bacchuszug“ und „Paulus auf dem Wege nach Damaskus“ – Arbeiten, in welchen eine gewaltige Phantasie und ein grandioses Leben pulsirten. B. hatte seinen Sitz vorübergehend zu Frankfurt und Düsseldorf, später wieder zu München aufgeschlagen, wo er, nach längerem Leiden, [328] in der Naturheilanstalt zu Thalkirchen verschied. Leider war seiner, obwol etwas einseitigen, immerhin aber doch eminenten Begabung, unbegreiflicher Weise kein entsprechender Auftrag zu Theil geworden.
Beckerath: Moriz von B., Historienmaler, geboren 1838 zu Krefeld, † am 17. September 1896 zu München, begann, angeregt durch- Vgl. Nagler-Meyer, Lexikon, 1885. III, 272. – Fr. v. Bötticher, Malerwerke, 1895. I, 63. – Nr. 261 d. Allgem. Ztg. v. 21. Septbr. 1896. – Bettelheim, Biograph. Jahrbuch 1897, S. 48.