Zum Inhalt springen

ADB:Baumgartner, Andreas Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Baumgartner, Andreas Freih. v.“ von Karl Weiß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 164–165, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Baumgartner,_Andreas_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:24 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 2 (1875), S. 164–165 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas von Baumgartner in der Wikipedia
Andreas von Baumgartner in Wikidata
GND-Nummer 118653946
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|164|165|Baumgartner, Andreas Freih. v.|Karl Weiß|ADB:Baumgartner, Andreas Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118653946}}    

Baumgartner: Andreas Freih. v. B., Naturforscher und Staatsmann, geb. zu Friedberg in Böhmen 23. November 1793, † zu Wien 30. Juli 1865. Als Naturforscher erwarb sich B. durch die Hebung und Verbreitung der Naturwissenschaften in Oesterreich große Verdienste; als Administrationsbeamter und Staatsmann war er an der Gestaltung der Finanz- und Handelspolitik Oesterreichs in den Jahren 1851–1860 hervorragend betheiligt. B. war der Sohn eines Bäckers in Friedberg und ursprünglich für das Gewerbe seines Vaters bestimmt. Seiner früh entwickelten Begabung und seinem Wissensdrange verdankte er es, daß sich seine Eltern bestimmen ließen, ihm eine größere Ausbildung zu geben. Nach zurückgelegten Universitätsstudien wandte er sich sogleich dem Studium der Physik zu und erwarb sich rasch einen so guten Namen, daß er schon in einem Alter von 30 Jahren (1823) zum Professor der Physik an die Wiener Hochschule berufen wurde. In dieser Stellung wirkte B. bis zum J. 1833. Erfüllt von dem Bestreben, dem Studium der Naturwissenschaften in Oesterreich eine feste, mit den großen Fortschritten im Einklange stehende Grundlage zu geben, schrieb er seine „Naturlehre nach ihrem gegenwärtigen Zustande mit Rücksicht auf mathematische Begründung“ (Wien 1824), ein Lehrbuch, welches innerhalb 21 Jahren acht Auflagen erlebte und nicht blos in Oesterreich, sondern auch in Deutschland zum Unterrichte diente. In Verbindung mit Ettingshausen[WS 1] begann er im Jahre 1826 die Herausgabe der „Zeitschrift für Physik und Mathematik“, welche er in den Jahren 1832–1837 allein unter dem veränderten Titel: „Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften“ redigirte. B. entwickelte aber noch in anderer Richtung eine fruchtbare Thätigkeit. Er stellte sich die Aufgabe, durch Abhaltung von populären Vorträgen die Industriellen mit dem Werthe und der Bedeutung der neuen Entdeckungen auf dem Gebiete der Naturforschung sowie mit deren allfälligen Verwerthung zu praktischen Zwecken vertraut zu machen. Diese Hinneigung, die Theorie für das Leben nutzbringend zu machen, hatte zur Folge, daß die Regierung seine Kenntnisse praktisch auszubeuten suchte. B. wurde 1833 Director der Porzellanfabrik und 1838 zur Organisation der Wollen- und Teppichfabrik berufen. Im Jahre 1842 erhielt er von dem damaligen Hofkammer-Präsidenten Freiherrn v. Kübeck den Auftrag, in den Staaten des Deutschen Zollvereins den Stand der wichtigeren Industriezweige und die Wirkungen des Zolltarifs zu studiren. Nach seiner Rückkehr übernahm er die Direction der Tabakfabriken. Im Jahre 1846 wurde ihm die Einführung des electro-magnetischen Telegraphen und im Jahre 1848 die Leitung der Staatseisenbahnen übertragen. – In dieser Stellung trafen B. die denkwürdigen Ereignisse dieses Jahres, welche ihm, ohne daß er dies suchte, den Anstoß gaben, daß er in das politische Leben eintrat. Er übernahm noch im Mai 1848 im Ministerium Pillersdorf das Portefeuille der [165] öffentlichen Arbeiten, jedoch nur für kurze Zeit und ohne inmitten der hochgehenden Wogen der Bewegung darin Ersprießliches leisten zu können. Nach dem Falle des Ministeriums Pillersdorf trat auch B. zurück; aber schon im August 1848 wurde er zum Sectionschef im Departement der indirecten Steuern im Finanzministerium berufen. Im Jahre 1849 trat er an die Spitze der Zolltarif-Regulirungs-Commission, wo er sich zu den Grundsätzen der freisinnigen Handelspolitik Bruck’s bekannte. Schon im Jahre 1850 legte B. die Nothwendigkeit einer Münzreform vor, welche aber erst im Jahre 1857 durchgeführt wurde. Im Jahre 1851 erfolgte nach dem Rücktritte Bruck’s seine Berufung zum Handelsminister und am Schlusse desselben Jahres jene zum Finanzminister, welche beide Posten er bis zum Jahre 1855 einnahm. In dieser Doppel-Eigenschaft fiel B. die Aufgabe zu, die Valuta zu verbessern und das chronisch gewordene Deficit des Staatsbudgets zu beseitigen. Unter ihm, aber nicht durch ihn wurden die zwei großen finanziellen Operationen, die Emission des National-Anlehens und der allmähliche Verkauf der Staatsgüter und der Staatseisenbahnen ins Werk gesetzt, dann nebst anderen wichtigen volkswirthschaftlichen Reformen der Handels- und Zollvertrag mit Preußen (1853) abgeschlossen und das Gesetz über den Bau von Eisenbahnen zu Stande gebracht. Nach seinem Rücktritte von der Leitung der beiden Ministerien wurde er wol bei wichtigen volkswirthschaftlichen Fragen zu Rathe gezogen, ohne jedoch auf die Leitung der Handels- und Finanzpolitik Oesterreichs einen maßgebenden Einfluß gewonnen zu haben. Körperlich in seiner Kraft gebrochen, widmete er wieder mehr seine Thätigkeit der Wissenschaft. Der Akademie der Wissenschaften seit ihrer Gründung als Mitglied angehörend, bekleidete B. seit dem Jahre 1851 die Stelle eines Präsidenten derselben und nahm an den Arbeiten derselben so lebhaften Theil, daß er sich darin selbst in seiner Stellung als Minister nicht unterbrechen ließ und ausdrücklich dieselbe unter der Bedingung annahm, daß er nicht aufhören dürfe, Präsident der Akademie zu sein. Als Oesterreich im Jahre 1861 in die Reihe der constitutionellen Staaten eintrat, betrat er noch einmal die politische Laufbahn, um als lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses an der Regelung der Finanzlage des Staates mitzuwirken. Inmitten seiner Thätigkeit als Reichsrath und Präsident der Akademie beschloß B. sein Leben.

A. Schrötter, Andreas Freiherr v. Baumgartner, im Almanach der k. Akademie der Wissenschaften J. 1866. S. 124.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Andreas Freiherr von Ettingshausen (1796–1878), Professor in Wien.