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ADB:Balven, Lambert von

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Artikel „Balven, Lambert von“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 35–36, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Balven,_Lambert_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 06:47 Uhr UTC)
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Balven: Lambert von B., der letzte katholische Abt des unweit Braunschweig belegenen Cistercienser-Klosters Riddagshausen, † 1553, ein in der Staats- und Kirchengeschichte des Herzogthums Braunschweig unter der Regierung des Herzogs Heinrich des Jüngeren hervorragender Mann von großem Einflusse auf den Landesfürsten, ein heimlicher Anhänger und öffentlicher Widersacher der Reformation, ist zu Balve in Westphalen zu Ende des 15. Jahrhunderts geboren. Seine Klugheit, seine Beredsamkeit, seine Kenntnisse in Sprachen und Wissenschaften, seine Auslegung der heiligen Schrift erhoben ihn weit über den wissenschaftlichen Standpunkt, auf welchem die deutschen Ordensgeistlichen zu seiner Zeit standen. Mit tiefer Gelehrsamkeit vereinigte Lambert aber einen unruhigen, stolzen, ehrgeizigen und ruhmsüchtigen Charakter, welcher ihn zu Kabalen und Unruhestiften geneigt machte und seinem Kloster großes Unheil bereitete. Ueber seinen Bildungsgang ist nichts bekannt, man weiß nur, daß er ein Verwandter des Reformators Anton Corvinus war. Auch darüber, wie er an den Hof des Herzogs Heinrich des Jüngeren nach Wolfenbüttel gekommen, fehlen nähere Nachrichten. Er genoß der vorzüglichen Gnade des Herzogs, dessen Hofcaplan er war und wurde nach dem Tode des Abts Johann, im J. 1536, zum Abte des Klosters Riddagshausen gewählt. Im J. 1540 erhielt er unter dem berühmten Alexander Aleß zu Leipzig die Würde eines Licentiaten der Theologie. Hier bekannte er sich offen zu Luther’s Lehre, doch erklärte er sich, um die Gunst seines Landesherrn und die Einkünfte seiner ansehnlichen Stelle nicht zu verlieren, in der Folge wieder für die Grundsätze der römisch-katholischen Kirche, und durch die Kränkungen, welche er in Folge seines schwankenden Benehmens von den Evangelischen zu erdulden hatte, erbittert, ging seine Denkungsart gegen die Reformation zuletzt in wirklichen Haß und feindseligste Gesinnung über, so daß er derselben alle möglichen Hindernisse in den Weg legte. In Verbindung mit dem herzoglichen Großvogt Balthasar von Stechow versuchte er im J. 1539 die gegen ihren Landesherrn aufständige Stadt Braunschweig, in welcher er bis dahin stets freundliche Aufnahme gefunden, durch Verrath in des Herzogs Gewalt zu bringen. Herzog Heinrich sollte sich in einer bestimmten Nacht mit seiner Kriegsschaar bei Riddagshausen einfinden, einige in den Anschlag eingeweihte Bürger wollten die Thore der Stadt öffnen, Feuer in derselben anlegen und den Herzog einlassen. Der Anschlag wurde verrathen, die in das Complot verwickelten Bürger verhaftet und hingerichtet. Dem Kloster Riddagshausen zog das verunglückte Unternehmen den Namen: „Verräthershausen“ zu. Als Herzog Heinrich der Jüngere im J. 1542 durch die schmalkaldischen Bundesgenossen aus seinem Lande vertrieben wurde, wurde am 22. Juli das Kloster Riddagshausen von den Schaaren der Verbündeten ausgeplündert und ausgebrannt. Was verschont geblieben war, zerstörte Bernhard von Mila, der Führer der kursächsischen Truppen, welcher sein Lager in des Klosters Nähe aufgeschlagen hatte, vollends. Kaum hatte sich dieses von den Unfällen etwas erholt, so wurde es von neuem [36] verwüstet. Lambert v. Balve floh nach Braunschweig, wo man ihm aber die Aufnahme verweigerte, obgleich das Kloster in der Stadt einen eigenen Hof besaß. Erst als Herzog Heinrich im J. 1547 sein Land wieder in Besitz nahm, gelangte Abt L. wieder in den Besitz des Klosters, auf dessen Wiederherstellung er eifrig Bedacht nahm. Allein schon im J. 1550 wurde dasselbe bei der Belagerung der Stadt wiederum verwüstet und zerstört, und noch mehr war solches im J. 1552 der Fall, wo Graf Volrad von Mansfeld in den braunschweigischen Landen entsetzlich hausete. Dennoch verzagte L. nicht; er stellte die Klostergebäude, so gut es gehen wollte, wieder her, doch nur um sie bald darauf von dem Feinde seines Landesherrn, dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg, aufs neue zerstört zu sehen. So vielen Anfechtungen mußte L. endlich unterliegen. Vor Gram und Kummer erkrankte er zu Wolfenbüttel, wohin er sich begeben hatte, um vom Herzoge Hülfe und Unterstützung zu erbitten und starb daselbst 8. Nov. 1553. Die Bedrängnisse, welche das Kloster Riddagshausen zu seiner Zeit erlebte, waren derartig, daß wenn man, wie der Chronist Meibom sagt, alle Unglücksfälle der vorigen Zeiten zusammen nehmen wollte, sie doch mit diesen nicht verglichen werden könnten. – Gedruckt sind von L. nur erschienen die Rede, welche er in Leipzig hielt, als er Licentiat der heiligen Schrift wurde, und eine in niederdeutscher Sprache verfaßte „Gemene Catechesis, edder anvenklieke Underwisinge der jungen Christen yn fragestükke gestellet“. Dieser Katechismus war bestimmt, der Unwissenheit des Landvolks abzuhelfen und schlecht unterrichtete Prediger in den Stand zu setzen, besseren Unterricht in der Religion zu ertheilen. Er enthielt viel Gutes und Brauchbares und zeigte von heller Einsicht.

Meibomii Chronicon Riddagshusense. – Ballenstedt, Geschichte des Klosters Riddagshausen. Schöningen 1809. – Die historischen Volkslieder der Deutschen von R. v. Liliencron. Bd. IV. Leipzig 1869. S. 484–491.