Zum Inhalt springen

ADB:Artevelde, Jakob van

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Artevelde, Jakob van“ von Joseph Albert Alberdingk Thijm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 610–612, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Artevelde,_Jakob_van&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:03 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Arriaga, Roderich de
Band 1 (1875), S. 610–612 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Jacob van Artevelde in der Wikipedia
Jacob van Artevelde in Wikidata
GND-Nummer 119109840
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|1|610|612|Artevelde, Jakob van|Joseph Albert Alberdingk Thijm|ADB:Artevelde, Jakob van}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119109840}}    

Artevelde: Jakob van A., der große Vorkämpfer der flandrischen Städte, ihres Handels und ihrer Gewerbe gegen die Franzosen im 14. Jahrhundert. Geboren ist er zu Gent, wo sein Vater Johann ein durch seinen Reichthum, seine weitverzweigten Verbindungen mit den ersten Familien Flanderns und seine hohen städtischen Aemter angesehener Tuchhändler war, † 1345. Von Jakobs Jugend ist wenig bekannt. Erst als den Flamändern der Muth und Widerstand gegen den französischen Einfluß im selben Maaße wuchs, wie die von dorther ihrem Handel und ihrer Sprache drohenden Gefahren stiegen, als insbesondere 1337 Graf Ludwig II. von Flandern, der, ein Schwiegersohn Philipps IV., für ein Hauptwerkzeug französischer Politik galt, die Stadt Gent durch schwere Erpressungen drückte, trat A. zum ersten Mal hervor. In einer Versammlung gelobte er seinen Mitbürgern, sie zu retten, wenn sie ihm verhießen, in Allem fest zu ihm zu stehen. Man müsse zugleich mit Eduard III. von England und Philipp VI. von Frankreich unterhandeln, um eine glückliche Neutralität zu erreichen. Am 3. Jan. 1338 ward er im Kirchspiel St. Johann, dem mächtigsten der Stadt, zum Hauptmann erwählt. Die nach Frankreich, wie die nach England entsandte Botschaft (an letzterer nahm A. persönlich Antheil) brachten die günstigsten Bescheide: man werde in Allem die Privilegien [611] des flandrischen Handels und die Freiheiten der Städte achten. Eduard III. hob nun das Verbot der Wollenausfuhr nach Flandern, welches zerrüttend auf die Industrie gewirkt hatte, wieder auf. Aus Frankreich dagegen hörte man bald von neuen Rüstungen, die gegen die flandrischen Städte gerichtet schienen, während zugleich Graf Ludwig in Waffen erschien und das Land durch die Enthauptung eines der angesehensten vom Adel, des Sohier de Courtray, Hauptmann zu Rupelmonde, herausforderte. A., nach glaubwürdigen Angaben ein Schwiegersohn Sohier’s, erschien rasch im Felde und durchkreuzte damit die französischen Pläne. Graf Ludwig mußte den von den drei mächtigsten Städten, Gent, Brügge und Ypern gebildeten und seitdem unter Artevelde’s Leitung häufig zusammentretenden permanenten Landesausschuß anerkennen. Als aber nach einiger Zeit Graf Ludwig die französisch gesinnten Leliaerts, meistens dem Adel des Landes angehörend, aufs neue in drohender Weise um sich sammelte, beschloß A. einen entscheidenden Schritt, um der zwischen Frankreich und England in dennoch unhaltbarer Neutralität schwankenden Lage ein Ende zu machen: er bewirkte den Beschluß, Eduard III. als König von Frankreich anzuerkennen und dieser nahm am 23. Jan. 1340 zu Gent den Titel an. Der König versprach dagegen dem flandrischen Handel Privilegien und Schutz zu Land und See, sowie die Vereinigung von Artois, Doornik, Ryssel-Bethune und Orchias mit Flandern u. A. – A. führte ihm darauf eine ansehnliche Truppenmacht zu und nahm an der Belagerung von Doornik und an den Verhandlungen Theil, welche zum Waffenstillstand von Esplachin führten. Bei Eduard III. selbst stand jetzt A. in hohem persönlichen Vertrauen. Es war um diese Zeit, daß es in Gent über Umtriebe des Grafen Ludwig, die zu neuer Erhebung der Leliaerts führen sollten, zu einer blutigen Begegnung zwischen A. und Jan de Steenbeke kam. A., um den Gesetzen zu genügen, übergab sich selbst dem Richter. Zwar setzte man ihn sogleich wieder in Freiheit, während Steenbeke auf 50 Jahre verbannt ward. Aber sein Einfluß scheint gleichwol seit dieser Zeit in der Stadt erschüttert worden zu sein. Seine Gegner gaben ihm schuld, das Land gänzlich an England preiszugeben. Zugleich erhoben sich innere Zwistigkeiten anderer Art zwischen den Zünften. Es mag damit zusammenhängen, daß A. seine Weberzunft verließ und sich in die der Brauer aufnehmen ließ. Dadurch kam er, bis dahin das Haupt der allmächtigen größten der Gilden an die Spitze der sogenannten kleinen Zünfte, in deren Gegensatz zu jener sich die Streitfragen des Augenblicks zum Theil zuspitzten. Unter diesen Umständen nahm Graf Ludwig mit neuem Eifer die Agitation in den beiden Städten und den Krieg wieder auf; aber auch Eduard III. begab sich auf die Kunde dieser Hergänge nach Sluis. Behauptet ward, daß hier A. ihm das Anerbieten gestellt habe, des Königs Sohn statt des Grafen Ludwig als Herzog von Flandern anzuerkennen. Der König ging jedenfalls darauf nicht ein; er verpflichtete sich im Gegentheil am 19. Juli 1345 zu Sluis gegen den Grafen Ludwig, seine Rechte an Flandern nicht anzutasten. – A. aber ward auf solche Gerüchte hin bei der Heimkehr nach Gent von drohenden Mienen empfangen; es war auch ausgesprengt, englische Bogenschützen folgten ihm zur Besetzung der Stadt u. dergl. mehr. Gerard Denys, Meister der Weberzunft, reizte das Volk auf alle Weise auf, streute sogar unter dem Volke Geld aus. Vergebens erschien A. am Fenster seines Hauses um sich zu rechtfertigen. Vor den eindringenden Massen in eine nahe Kirche fliehend, ward er von einem Beilhieb niedergestreckt. Einige seiner nächsten Anhänger starben mit ihm. Dies geschah der wohl richtigsten Angabe nach am 24. Juli 1345. Obwol unter Vorwänden der Politik verübt, war dennoch die That, die den größten Bürger Gents das Leben kostete, offenbar mehr ein Act persönlicher Feindschaften und innerer städtischer Zänkereien. [612] Dafür erklärten sie auch flandrische Abgesandte vor König Eduard. Seine segensreichen Schöpfungen haben ihn lange überlebt und sein damals erst fünfjähriger Sohn war der Erbe seiner Politik.

Kervyn de Lettenhove, Hist. de Flandres III. 109 f.; Namèche, Hist. nation. II.; David, Vaderlandsche Historie IV. u. die das. angeführten Quellen.