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ADB:Anselm (Bischof von Havelberg)

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Artikel „Anselm, Bischof von Havelberg“ von Hans Prutz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 478–479, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Anselm_(Bischof_von_Havelberg)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:44 Uhr UTC)
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Anselm, Bischof von Havelberg 1129–1155, dann bis zu seinem Tode (1158) Erzbischof von Ravenna, von unbekannter Herkunft, vermuthlich ein Lothringer oder auch Italiener, ein Freund und Jugendgenosse des Abtes Wibald von Corvey, wurde 1129 vermuthlich durch seinen Gönner, Norbert, Erzbischof von Magdeburg, zum Bischof von Havelberg ernannt, konnte aber erst 1130 nach Besiegung der Slawen seinen Sitz einnehmen, begleitete 1133 König Lothar nach Italien, wohnte dann der Mainzer Synode bei und war bei dem Tode Norberts (6. Juni 1134), den er auch bestattete. A. weilte meist am Hofe Lothars, in dessen Auftrag er 1135 als Gesandter nach Constantinopel ging, zugleich als päpstlicher Apocrisiarius die Angriffe der griechischen Hoftheologen gegen die römische Kirche zu widerlegen: deshalb disputirte er öffentlich mit Niketas, Erzbischof von Nikomedien. Auf Papst Eugens III. Wunsch schrieb A. 1150 den Inhalt dieser damals vielberühmten Disputation auf; so entstanden die „Libri tres dialogorum s. Ἀντικειμένων, ein Beleg für Anselm’s ungewöhnliche theologische Gelehrsamkeit und den Freimuth, mit dem er vorhandene Uebelstände der Kirche aufdeckt. (d’Achery. Spicilegium ecclesiasticum I. 161 ff.). 1136 zurückgekehrt, fand A. sein Bisthum von den Slawen wieder verwüstet, begleitete Lothar auf seinen zweiten Römerzug und blieb hochangesehen am Hofe Papst Innocenz’ II. Erst nach Lothars Tode heimkehrend, stiftete er 1144 das Prämonstratenserkloster Jerichow, das 1145 geweiht wurde, und errichtete in Havelberg ein Domcapitel. Doch blieb er fast dauernd am Hofe Konrads III.; [479] 1147 ging er als dessen Gesandter mit Wibald von Corvey zu Eugen III. nach Dijon und nahm dann an dem Kreuzzuge der sächsischen Fürsten gegen die Slawen Theil, durch den sein Bisthum mehr gesichert wurde. Seit Konrads III. Rückkehr aus dem Orient blieb er, in Ungnade gefallen, – weshalb ist unbekannt, – dem Hofe fern und lebte seinem kirchlichen Amte und theologischen Studien. 1150 ging A. zu Papst Eugen III. nach Tusculum, um in den erneuten Lehrstreitigkeiten mit griechischen Theologen zu rathen. Friedrichs I. Thronbesteigung 1152 rief ihn wieder in die politische Thätigkeit, er ergriff, ein eifriger Anhänger des Kaisers, die Partei Wichmann’s von Magdeburg gegen den Papst und war 1153 bei Abschluß der Constanzer Verträge zwischen Friedrich und Eugen III. hervorragend betheiligt. 1154 ging er als Gesandter nach Constantinopel, mit um für Friedrich um die griechische Prinzessin Marie zu werben; 1155 zurückkehrend, schloß er sich Friedrich in Valencia an, der ihn zum Erzbischof von Ravenna erheben ließ: am Tage der Kaiserkrönung Friedrichs (18. Juni 1155) erhielt A. von Hadrian IV. das Pallium. Auch an dem zweiten Zuge des Kaisers nach Italien, gegen Mailand, nahm er Theil und starb während der Belagerung dieser Stadt am 12. August 1158. A. ist in Ravenna bestattet.

Außer den 3 Büchern Dialogen besitzen wir von A. einen „Liber de ordine canonicorum regularium“ bei Pez, „Thesaurus anecdotorum“, IV. 2, 76 ff. und ein ebenfalls den Anspruch der Mönche auf größere Heiligkeit (als die Weltgeistlichen) bekämpfendes Sendschreiben an den Abt Egbert von Huisburg. Dasselbe ist von Anselm’s Biographen Spieker in Illgen’s Zeitschrift für die hist. Theologie Bd. X. Heft 2 veröffentlicht. Ein von Pez, „Dissertat. isagogica“ X erwähnter „Tractatus de ordine pronunciandae litaniae“ sowie A. zugeschriebene Heiligenleben und eine angeblich vorhandene Briefsammlung sind bisher nicht aufgefunden. Die Vita des Erzbischofs Adelbert II. von Mainz (Bibliotheca Rerum Germanicarum III. 565 sqq.) ist ihm von Jaffé mit Unrecht zugeschrieben worden.