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ADB:Anna (falsche Königin von England)

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Artikel „Anna, die falsche Königin von England“ von August Beck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 467, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Anna_(falsche_K%C3%B6nigin_von_England)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:56 Uhr UTC)
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Anna, die falsche Königin von England. Als die vom Könige Heinrich VIII. von England verstoßene Gemahlin Anna von Cleve im J. 1557 gestorben war, erschien beim Herzoge Johann Friedrich II. dem Mittleren von Sachsen eine Dame, welche den Tod der Königin für erdichtet erklärte und sich selbst für die todt geglaubte Anna ausgab. Dem leichtgläubigen Herzoge stattete sie einen wunderbaren Bericht ab über ihre Flucht aus London, und schwindelte demselben große Güter und fabelhafte Geldsummen vor, die sie besäße, und die zum Geschenk für den Herzog und seinen Bruder bestimmt seien. In Roßla suchte der Herzog die vermeintliche Königin persönlich auf. Zwar wurde er von verschiedenen Seiten gewarnt, aber die versprochenen Schätze waren zu verlockend. Um die Dame vor Verfolgungen sicher zu stellen, ließ er ihr mehrere Gemächer auf dem Grimmenstein zu Gotha einräumen. Am 12. Jan. 1559 wurden „aus sonderlicher Lieb’ und Treu“ dem Herzoge die angeblichen Schätze durch einen Schenkungsvertrag gesichert, kraft welches Johann Friedrich anderthalb Millionen Kronen baar erhalten sollte. Als nun aber diese lange vergeblich erwarteten Güter nicht ankamen, schöpfte der Herzog doch zuletzt Verdacht. Ein Abgeordneter des Herzogs Wilhelm von Cleve, der im Juli 1559 kam, erklärte die Gefangene geradezu für eine Betrügerin, und Herzog Johann Wilhelm hatte von Paris aus (30. Juni 1559) an seinen Bruder geschrieben, die Person sei eine Dienerin der wirklichen Königin Anna gewesen. Sie wurde nun zu verschiedenen Malen von den herzoglichen Räthen verhört, machte aber bei jeder Vernehmung andere Aussagen und wurde deshalb in strengere Haft auf das Schloß Tannenberg bei Waltershausen gebracht. Hier wurde mehrere Male an ihr die Tortur angewendet. Alles weitere ist im Dunkeln geblieben. Wahrscheinlich ist sie eines Grafen Tochter und der Königin Anna Kammerfrau (gurtelmaght) gewesen. Ein allgemeines Gerücht im Volke behauptete, sie sei lebendig eingemauert; doch ist davon, aller Nachforschungen ungeachtet, nicht die geringste Spur aufzufinden gewesen.

Aug. Beck: Johann Friedrich der Mittlere. Weim. 1858, I. 236, wo auch die Litteratur zu finden ist.