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Seite:Zuckermann Mathematisches im Talmud 42.jpg

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Die Annahme eines zwölfseitigen Prismas ist nun der Wahrheit näher als die eines Cylinders. Denn der Flächeninhalt F dieses Zwölfseits ist bekanntlich wobei r = 5 Ellen. Nun ist also Quadratellen, mithin, da die Höhe dieses Theils = 2 Ellen, der Inhalt des Prismas = 75mal 2 = 150 Kubikellen. Der untere Theil hat 300 Kubikellen Inhalt, in Summa 450 Kubikellen. Der Flüssigkeitsgehalt stimmt genau mit der Bibelangabe überein, denn 3 Kubikellen : 450 Kubikellen = 40 Saa : x, also [1]

  1. Josephus Antiqu. VIII, 3, 5 giebt diesem Meer die Form einer Halbkugel mit einem Durchmesser von 10 Ellen und, nach 2. Chronik, IV, 2. 5, mit einem Flüssigkeitsgehalt von 3000 Bat. Oppert im Journal asiatique, Août-Septembre 1872 et Octobre-Novembre 1874, ist in einem Aufsatze «l'étalon des mesures Assyriennes» der Ansicht, dass das Meer eine halbkugelförmige Gestalt und, wie 1. Könige VII, 26 angiebt, 2000 Bat Flüssigkeitsgehalt gehabt habe. Er setzt das Bat dem Cubus der Halbelle gleich, und es ist der Inhalt des Meeres, dessen Halbmesser 5 Ellen oder 10 Halbellen ist, gleich dem Inhalt einer Halbkugel = πr3 = 3,14159… 53 = 261,8 Kubikellen = 2094,4 Kubikhalbellen, nahezu mit der einen biblischen Angabe von 2000 Bat übereinstimmend. Prof. Cantor in seiner werthvollen Recension dieses Oppert'schen Aufsatzes {in der «Zeitschrift für Mathematik und Physik», XX. Jahrg., historisch-literarische Abtheilung, S. 163 ff.) folgert, dass die Verhältnisszahl π = 3 einer altorientalischen Messkunde angehört habe und so alt wie die Chronik und das Buch der Könige sei. Anderweitige Spuren des Werthes π = 3, die auf Babylon hinweisen, sind: Es tritt dieser Werth bei einem griechischen Mathematiker, ferner in China und in einer Talmudstelle Succa 7b. auf, und eine Verbindung von Griechenland und China mit Babylon lässt sich vermuthen und ist theilweise nachgewiesen. Was die Talmudstelle betrifft, die dem Herrn Recensenten von einem andern Herrn übersetzt wurde, so ist zu bemerken, dass der von dem Uebersetzer erwähnte Hinweis auf die Stelle der Chronik nicht vom Talmud, sondern von dem viel späteren Commentator Raschi herrührt. Ferner giebt der Uebersetzer an: «dann folgen noch weitere sehr schwer verständliche Auseinandersetzungen über Flächeninhalte des Kreises, des umschriebenen und des eingeschriebenen Quadrats». Dem ist aber nicht so, da es sich in der ganzen Discussion nur um die Eruirung der Umfange genannter Figuren handelt. Was die Erläuterung und das Alter dieser Stelle, die der Herr Recensent zu kennen wünscht, betrifft, so ist die erstere hier weiter unten gegeben. Ueber das Alter dieser Stelle wäre folgendes zu bemerken : es gehören die darin vorkommenden Discutirenden, die π = 3 setzen, schon zu den späteren Amoraim, die also für Prof. C. direct nichts beweisen würden. Es ist aber oben (Seite 28) nachgewiesen worden, dass die Zahl π = 3 schon in der Mischna, die in Palästina abgefasst wurde, als Lehrsatz vorkommt und von derselben angewendet wird. Zugleich ist aber auch oben erwähnt, dass dem Talmud ein genauerer Werth dieser Zahl bekannt war, dass er diesen ungenauen Werth π = 3, selbst für die Zeit der Mischna, nicht gelten lassen will, und meint, dass die Autoren der Mischna einen genaueren Werth gekannt hätten und den Werth = 3 nur aus Rücksicht darauf, dass eine biblische Stelle dafür spreche und die Zahl ohnehin irrational sei, für gewisse Religionsgesetze zur Anwendung gebracht hätten. Siehe Steinschneider im Hamaskir, 15. Jahrg., S. 126 ff. Wenn aber die Folgerungen des Herrn Cantor, dass der Werth π = 3 babylonischer Uebung angehörte, sich bewahrheiten, wofür die Schlussentscheidung, wie er selbst bemerkt, diejenigen Assyriologen zu geben haben, welche ihr Studium den astronomischen und mathematischen Keiltexten zuwenden, so ist wohl eine Verbindung von Palästina mit Babylon nachweisbar, und die Mischna könnte aus dieser altbabylonischen Messkunde den Werth π = 3 herübergenommen haben. Den weit späteren Autoren des Talmuds war diese altbabylonische Messkunde nicht mehr bekannt, und so suchten sie für den auffallend ungenauen Werth π = 3 einen anderen Grund auf.
Empfohlene Zitierweise:
Benedict Zuckermann: Das Mathematische im Talmud. Breslau: , 1878, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zuckermann_Mathematisches_im_Talmud_42.jpg&oldid=- (Version vom 27.5.2019)