Zum Inhalt springen

Seite:Zerstreute Blaetter Band III 112.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Art Poëtik für unsre Sinne, aus unsern Erfahrungen geordnet; und sobald unser Geist in andern Organen die Natur sähe, würde er nothwendig anders classificiren. Der sinnliche Mensch kann nun nicht anders, als sinnlich ordnen; und indem er in alles Wirkende seine eigne ganze Wirkungskraft hinüberträgt: so erscheinen ihm Götter in allen Elementen. Im rauschenden Wasserfall, im Meer, im Sturm, im Blitz und Donner, in der säuselnden Luft, in allen Bewegungen der Natur sind lebendige, wirkende, handelnde Wesen. Aus Reisebeschreibungen ist bekannt, daß dieser Glaube allen sinnlichen Nationen gemein sei; ja wie sollte ers nicht seyn, da auch wir ihn unter uns allen sinnlichen Menschen, Kindern, Weibern, Menschen in Leidenschaft, in Verrückung, im Traum der Gedanken sogar in jedem Augenblick, da sie nicht auf ihrer Hut sind, gemein finden? Die Furcht, zumal in der Finsterniß, die Traurigkeit, Liebe, Sehnsucht,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_112.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)