Gehilfen an! Ich glaube, das ist besser als eine Geißelfahrt!“ Der Alte und Mirjam reichten ihm freudig die Hand und nahmen ihn freundlich auf. Die drei so verschiedenen Menschen fanden sich ineinander, trafen sie sich doch in dem Hauptpunkte, der Nächstenliebe. Veit vergaß Judenhaß und Schuldschein und wurde ein besserer Mensch. Sein heftiges Wesen legte er ab und lernte Geduld und Freundlichkeit. Mirjam sah mit stiller Freude die Verwandlung im Wesen ihres Todfeindes, der nun ihr Freund geworden war. Wenn sie auch nicht viele Worte machten, so wußten sie doch, wie lieb sie einander waren. –
Ein Geheimnis hatte Mirjam. Wenn die Nacht anbrach, war sie stets auf eine Weile verschwunden, und nach ihrer Rückkehr war sie gewöhnlich traurig und wortkarg. Niemand wußte, wohin sie ging. Veit Winkler konnte das Geheimnis nicht lange ertragen, und einmal schlich er Mirjam
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_518.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)