Verschiedene: Wünschelruthe | |
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Springbrunnen plätscherten um mich im Grünen,
Und schlürften Abendgold mit Silberzungen,
Viel bunte Vöglein auf den Bäumen sungen,
Um Blüthen zog das leise Lied der Bienen.
Wie eine Rosenknospe aufgesprungen
War schnell das Siegel, draus hervorgedrungen
Dein Lilienblatt, die Perle aus Rubinen.
Ein eigner Zauber liegt darin, im Garten,
Mit einem offnen Briefe selig wallen;
Erschloßner Blume scheint der Blick zu warten,
Die Kelche rings verstehn geheimes Lieben,
Und auf das Blatt die Blüthenblätter fallen.
Bei dem Fortbringen und Wiedererlangen der in Rom gewesenen Heidelberger Bibliothek, sehen wir wie meist ein Volk nur in dem Kreise seiner eigenen Litteratur sich recht bewegen kann. Die Manuscripte lagen Jahrhunderte verborgen und todt und nur was einzelne Deutsche mit großer Mühe und mangelhalft aus ihnen hervor förderten ward allgemeines Eigenthum, während die Italiener kaum wußten was sie besaßen. So sehen wir denn hier, daß der deutsche Baum der nach Rom verpflanzt und dort weder angehen noch Früchte tragen wollen, nachdem er wieder im deutschen Boden Wurzel gefaßt, gleich gegrünet und geknospet hat. Da ziehen dann die Vögel hin und pflücken die Blätter und tragen sie umher und oculiren sie jedem wilden Schößling, daß er die Augen aufschlage und oben für sich allein in die Lüfte hinein wachse, unten aber mit den Wurzeln fester in die Erde, welche ihn mit dem anderen als Vaterland verbindet.
Dieses Buch ist nun der erste Zweig voll der schönsten Blätter, durch die der Sang der Vögel geklungen und den die Sonne mit goldenem Sande durchstreut hat.
Es enthält 132 aus verschiedenen Handschriften gesammelte zum Theil vortrefliche Lieder, die äußerlich abgetheilt in Liebeslieder, Scherzlieder, Balladen, historische, und geistliche Lieder auch innerlich eine angenehme und wohlgefällige Folge haben.
Voraus geht eine höchst geistreiche lebendige Vorrede über das Wesen dieser Lieder und ihr Verhältniß unter einander, deren Resultate wir, sobald wir nur über den engen oder weiten Begriff vom Volksliede einig sind, vollkommen beistimmen.
Das ursprüngliche Volkslied ist durchaus epischer Natur, mit dem Volke und seiner Geschichte entstanden und keineswegs reines Erzeugniß irgend eines, auch selbst keines Volksdichters; durch den Mund vieler Einzelnen ja ganzer Geschlechter gegangen, hat es sich tausendfach äußerlich geändert, (ob gleich es innerlich sich gleich geblieben), anders zusammengesetzt, durch die Stimmung des Singenden selbst eine andere
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_165.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)