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Seite:Wünschelruthe Ein Zeitblatt 149.jpg

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Verschiedene: Wünschelruthe

Das Lamm beichtet dem Wolf.




Das Jägerhaus
Novelle, von Friedrich Krug von Nidda.




Ein stiller Frühlingsmorgen verklärte die Gipfel des Odenwalds, die wie mit dunkelsammtnem Mantel das reichste Buchendickig überzog, durchwirkt vom Farbenschmelz der nahen Wiesen, mit Schlössern und freundlichen Dörfern geschmückt, und von der geschwätzigen Mümmling durchschlungen. Zwei ohnlängst Verlobte ruhten auf der steilsten Felsenkuppe und sahen hinab ins blühende Thal, von wo herauf manch Hirtenhorn jauchzte, das muntre Getümmel der Heerden scholl und durch den Gesang des Friedens und der Freiheit ein fernes gewaltiges Hammerwerk dröhnte. Der Jüngling hielt das Mädchen mild umfaßt und spielte mit den Ringen ihres schönen Haares, das von den zarten Schultern niederfließend, wie goldne Schlangen sich in ihrem Schooß verlohr; die Jungfrau ruhte an des Jünglings Brust und indem sie die Schmerzen einer nahen Trennung verbarg, suchte sie sich am Blick des stärkern Lieblings aufzurichten, der, wie ein heitrer ungetrübter See, kein Wölkchen auf seiner Spiegelfläche trug, und nur den tiefblauen Himmel wiederstralte.

„Wär’st du nur nicht in Gedanken schon auf Reisen lieber Edmund!“ hub Marie ein wenig verlegen an – so möcht’ ich dir wohl was recht Eignes erzählen, worüber du auf deiner weiten Wanderung hinlänglich sinnen und grübeln könntest; doch dein heitrer, weltkluger Sinn verhöhnt wohl am Ende meinen Kinderglauben, wie er’s vielleicht auch nicht anders verdient!“ – „Seh ich denn so gar höhnisch aus, mein schönes Bräutchen?“ gab Edmund heiter lächelnd zurück „daß du so Feindliches von mir fürchtest? und mit der Reiselust geht’s auch wohl an, wenn nur der närrische Oheim nicht wäre, der von jeder Ruine, jedem Thurm der da drüben im Rheinthal prangt, ein treues Conterfey begehrt: – ich schiede nun und nimmer von dannen, bis mich Freund Hain einst gewaltsam entführt!“ – „Pfui, über den garstigen verwöhnten Oheim, der dir so Lästiges auferlegt: doch meine ich wohl, Ihr versteht Euch gut, und er weiß schon daß dir der Fußboden brennt, wenn du nur ein paar Wochen an einer Stelle dauerst – sollt’s auch in Arm deines Mädchens seyn, das ohne dich doch vor Sehnsucht stürbe!“ – Da staunte sie Edmund fast befremdet an und ließ ihre Hand aus der seinigen gleiten: „Bitterböses Mädchen“ sprach er ernst – „sind das deine tröstlichen Scheidegrüße? hat doch der Augenblick der Trennung ohnehin schon herbes genug, mußt du ihn noch mit Neßeln besäen.“ – „Ums Himmelswillen, lieber guter Mensch!“ fiel Marie heftig erschrocken ein „mach’ nur nicht Ernst aus meinen dummen Scherzen! So böse hatt’ ichs ja wahrlich nicht im Sinn und wollte dich gewiß, gewiß nicht kränken!“ – Und traulich schürzte sie ihren schönen Arm um seinen Nacken, sah ihn ein Weilchen recht sinnig an, und begann zu erzählen:

„Sieh, da drüben wo die schnelle Mümmling sich so jäh um die Waldspitze krümmt, und der uralte Forst zu beiden Seiten sich über ihr fast mit den Zweigen vereinigt, liegt ein recht nettes freundliches Häuschen, aus dessen Dach just die Sonne blinkt. Einst als das Gebirg noch viel wüster war und man recht viele viele Meilen weit nichts als Wald und Wildniß gewahrte, stand, wie man sagt, dort

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)