Mit König Erichs Thronbesteigung hatte sein Bruder, Herzog Abel von Schleswig, durch Intriguen[1] und offene Feindseligkeiten ihn zu stürzen und sich seines Thrones zu bemächtigen gesucht, doch da Erich ihn besiegte, hatte er sich unterwerfen müssen. Da bekam plötzlich der König Nachricht, daß ungeachtet des Friedens Graf Johann von Holstein mit Heeresmacht Rendsburg belagere, und Abel ihm wahrscheinlich hülfreiche Hand leiste. Sogleich brach der König gegen die Holsteiner auf; unterwegs aber kehrte er in Schleswig bei seinem Bruder ein, um diesen zur Eintracht zu gewinnen. Abel empfing ihn auf seinem Schlosse, das auf der jetzt sogenannten Möweninsel lag,[2] und bewirthete ihn freundlich. Aber während Erich nach der Tafel mit einem Ritter am Brettspiel saß, berieth Herzog Abel sich mit Lauge Gudmundsön und Inge Pust, wie er den König aus dem Wege räumen möchte. Als sie sich einig waren, suchte der Herzog einen Zank mit dem König. Darum ging er auf ihn zu und schalt ihn wegen des Unheils, das er über sein Haus gebracht habe. „Denkst du noch daran“, sagte er, „wie du vor zwei Jahren diese Stadt verbranntest, und meine Tochter nackend und barfuß aus dem Thore gehen mußte?“ – Der König antwortete „Ich glaube, lieber Bruder, daß ich noch Geld genug im Beutel
- ↑ „intrekeert“ sagen die Leute.
- ↑ Die Geschichtschreiber setzen die Burg bald auf die jetzige Freiheit, bald nach der Schiffsbrücke oder dem Bischofshof. Ob die Jürgensburg gemeint ist, die Dankwerth, Heldvader und Andre erwähnen, und von der noch heute theils in dem Wall auf der Insel selbst, theils in einer zur Stadt führenden Steinbrücke Spuren vorhanden sind, bleibe dahingestellt.
Theodor Storm, Theodor Mommsen: Schleswig-Holsteinische Sagen. Schwers’sche Buchhandlung, Kiel 1844, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Volksbuch_f%C3%BCr_Schleswig_Holstein_und_Lauenburg_1844_084.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)