Den Schein der Gnade vor der Welt zu geben.
Vielleicht, daß ich durch List sie überrede,
Das Angesicht der Gegnerin zu sehn,
Und dieser Schritt muß ihr die Hände binden.
Burleigh hat Recht. Das Urtheil kann nicht mehr
Vollzogen werden, wenn sie sie gesehn.
– Ja, ich versuch’ es, alles biet’ ich auf –
Mortimer.
Und was erreicht ihr dadurch? Wenn sie sich
In mir getäuscht sieht, wenn Maria fortfährt,
Zu leben – Ist nicht alles wie zuvor?
Frei wird sie niemals! Auch das mildeste,
Was kommen kann, ist ewiges Gefängniß.
Mit einer kühnen That müßt ihr doch enden,
Warum wollt ihr nicht gleich damit beginnen?
In euren Händen ist die Macht, ihr bringt
Ein Heer zusammen, wenn ihr nur den Adel
Auf euren vielen Schlössern waffnen wollt!
Maria hat noch viel verborgne Freunde,
Der Howard und der Percy edle Häuser,
Ob ihre Häupter gleich gestürzt, sind noch
An Helden reich, sie harren nur darauf,
Daß ein gewalt’ger Lord das Beispiel gebe!
Weg mit Verstellung! Handelt öffentlich!
Vertheidigt als ein Ritter die Geliebte,
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)