Das müssen Reize sondergleichen seyn,
Die einen Greis in solches Feuer setzen.
– Milord von Lester! Ihr allein schweigt still?
Was ihn beredt macht, bindet’s euch die Zunge?
Leicester.
Ich schweige für Erstaunen, Königin,
Daß man dein Ohr mit Schrecknissen erfüllt,
Daß diese Mährchen, die in Londons Gassen
Den gläub’gen Pöbel ängsten, bis herauf
In deines Staatsraths heitre Mitte steigen,
Und weise Männer ernst beschäftigen.
Verwunderung ergreift mich, ich gesteh’s,
Daß diese Länderlose Königin
Von Schottland, die den eignen kleinen Thron
Nicht zu behaupten wußte, ihrer eignen
Vasallen Spott, der Auswurf ihres Landes,
Dein Schrecken wird auf einmal im Gefängniß!
– Was, beim Allmächt’gen! machte sie dir furchtbar?
Daß sie dieß Reich in Anspruch nimmt, daß dich
Die Guisen nicht als Königin erkennen?
Kann dieser Guisen Widerspruch das Recht
Entkräften, das Geburt dir gab, der Schluß
Der Parlamente dir bestätigte?
Ist sie durch Heinrichs letzten Willen nicht,
Stillschweigend abgewiesen, und wird England
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)