Ich will es glauben. Nicht der eigne Nutzen
Regiert euch, euch regiert allein der Vortheil
Des Souverains, des Landes. Eben darum
Mistraut euch, edler Lord, daß nicht der Nutzen
Des Staats euch als Gerechtigkeit erscheine.
Nicht zweifl’ ich dran, es sitzen neben euch
Noch edle Männer unter meinen Richtern.
Doch sie sind Protestanten, Eiferer
Für Englands Wohl, und sprechen über mich
Die Königin von Schottland, die Papistin!
Es kann der Britte gegen den Schotten nicht
Gerecht seyn, ist ein uralt Wort – Drum ist
Herkömmlich seit der Väter grauer Zeit,
Daß vor Gericht kein Britte gegen den Schotten,
Kein Schotte gegen jenen zeugen darf.
Die Noth gab dieses seltsame Gesetz,
Ein tiefer Sinn wohnt in den alten Bräuchen,
Man muß sie ehren, Milord – die Natur
Warf diese beiden feur’gen Völkerschaften
Auf dieses Bret im Ocean, ungleich
Vertheilte sie’s, und hieß sie darum kämpfen.
Der Tweede schmales Bette trennt allein
Die heft’gen Geister, oft vermischte sich
Das Blut der Kämpfenden in ihren Wellen.
Die Hand am Schwerdte, schauen sie sich drohend
Von beiden Ufern an, seit tausend Jahren.
Friedrich Schiller: Maria Stuart. Tübingen: Cottasche Buchhandlung, 1801, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Maria_Stuart_047.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)