gefallen. — Das war die erste frohe Stunde seit langer Zeit, und ich kann es immer noch nicht begreifen.“
März
„Und nun sind mir alle Stunden froh — der lange Tag und die lange Nacht; ich möchte immer nur daliegen und auf die leise, ferne Stimme horchen, die mir von einer namenlosen Sehnsucht und einem namenlosen Jubel redet.
Und die Mattigkeit, die Ohnmachten, das stundenlange Augenflimmern morgens beim Aufstehen — all diese fast unerträglichen Gefühle, die ich früher schon einmal gekannt habe, jetzt erkenne ich sie mit Freuden wieder. — Es ist nicht mehr das Gespenst der Krankheit, vor dem ich mich so entsetzlich fürchtete — jetzt ist es der Ruf zum Leben. Ich bin wohl ungeduldig, daß bessere Tage kommen, aber sie müssen ja bald kommen.“
30. März
„Wie oft denke ich jetzt zurück — an Henryk. — Ich begreife es nicht mehr, daß ich mich damals so in Angst und Verzweiflung hineinjagen ließ. Ich war selbst ein hilfloses Kind, es schlug mir alles über dem Kopf zusammen. Nach außen hin ist meine Lage vielleicht noch schlimmer — ich weiß keine Hand, die sich mir bietet, nach der ich greifen könnte. Ich weiß nur, daß ich Mutter werden und daß mein Kind mir ganz allein gehören soll. Es ist ein seltsames Gefühl, wenn der Körper sich so verändert — etwas schwermütig und süß Geheimnisvolles und wie Andacht, wenn man fühlt, wie das kleine Leben sich von Tag zu Tag deutlicher regt — ich möchte nur darauf lauschen dürfen — nichts mehr tun, nichts mehr denken.“
31. März
„Ich lebe wieder mein gewohntes Leben, die Kräfte kommen wieder, aber damit auch eine körperliche Verzagtheit und Ratlosigkeit, über die ich schwer Herr werden kann. Ein unaufhörliches Hin- und Herdenken: Was soll ich nun tun?
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 695. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0695.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)