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Seite:Reventlow Werke 0682.png

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leben und schaffen. — Die Gesunden kamen zu ihr herauf in das stille, weiße Zimmer, die alten Freunde, und sprachen davon, wenn Ellen erst wieder mit ihnen arbeiten würde. Johnny brachte ihr Blumen, alle verwöhnten sie und wunderten sich im stillen, daß Ellen dies lange Krankenlager so ruhig ertrug. Sie mußte wohl selbst nicht wissen, wie es um sie stand.

So war allmählich fast ein Vierteljahr dahingegangen, und sie war immer noch kaum imstande, sich aufzurichten; dann standen eines Vormittags wieder die Ärzte um ihr Bett —, sie gingen zur Beratung hinaus, und einer kam zurück, um mit ihr zu reden. Ellen drang selbst in ihn um volle Wahrheit. Ihr waren schon lange manche bange Ahnungen gekommen —, aber dann traf es sie doch wie ein Donnerschlag: nur, wenn sie sich einem schwierigen und gefährlichen Eingriff unterziehen wollte, so wäre auf Besserung zu hoffen. Gewißheit könne man ihr vorher nicht geben —, sie sollte sich alles wohl überlegen.

„Und sonst?“ fragte Ellen.

Ja, sonst hätte sie wohl nur ein unabsehbares Siechtum zu erwarten — ein jahrelanges Krankendasein — vom Bett auf das Sofa und wieder zurück. Der Arzt sagte das alles so schonend wie möglich — er wußte manches von ihrem Leben und daß sie ganz alleinstand. Aber sie ahnte wohl, daß es noch nicht die volle Wahrheit war — in seinem Gesicht glaubte sie ihr Urteil zu lesen und etwas von dem Mitleid, das der Arzt nicht sehen lassen darf — Mitleid mit dem Verurteilten.

In dieser Nacht kämpfte sie einen harten Kampf.

Daß sie schwerkrank war, hatte sie wohl gewußt, und anfangs war auch manchmal der Gedanke an den Tod gekommen, an ein langsames Verlöschen bei halbem Bewußtsein. Aber mit dieser schreckenden Klarheit war er noch nie vor sie hingetreten — sie hatte sich ja nur mit Geduld in das lange Daliegen gefunden, weil sie immer wieder dachte, es müßte doch endlich der Tag kommen, wo sie wieder hinauskönnte ins Leben. Nein — nicht sterben, nur nicht sterben

Empfohlene Zitierweise:
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 682. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0682.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)