legte den Kopf auf ihre Knie. — Bei all seinen Theaterphrasen war auch wieder etwas Kindliches darin, das sie rührte, wie er so vor ihr lag und bat, daß sie ihn nur auf die Stirn küssen sollte. Warum sollte sie das nicht tun? — Dabei sah sie wie hypnotisiert auf seine roten Schuhe. Er wollte sie mit Gewalt an sich reißen, und sie rangen miteinander.
„Ich schreie um Hilfe, wenn Sie mich nicht loslassen.“
„Das hilft Ihnen gar nichts. Sie gelten hier für meine Frau, — aber ich habe Ihnen mein Wort gegeben, daß ich nichts erzwingen will.“
Ellen antwortete nicht, und er zog immer andre Saiten auf.
„Mein Gott, so gehören Sie mir wenigstens für diese eine Nacht — ein paar kurze Stunden — es soll Sie nicht reuen.“ Und er nahm eine Brieftasche heraus, legte einen Schein nach dem andern auf den Tisch.
„Glauben Sie, daß ich mich verkaufe?“ Es stieg heiß und kalt in ihr auf, erst der Zorn und dann die Versuchung, Ja zu sagen. Aber die verflog, sobald sie ihn nur ansah.
„Wie Sie wollen — mein Gott, Sie sind ja so kalt, daß man selber zu Eis wird. — Gehen Sie nur ruhig schlafen, ich bleibe hier. Sie brauchen sich nicht einmal einschließen.“
Wieder tat er ihr leid, sie brachte ihm noch ein Kopfkissen aus dem Nebenzimmer, dann legte sie sich aufs Bett und hörte auf jede Bewegung — wie er sich hinlegte, herumwarf, wieder aufstand. Schließlich klopfte er an.
„Erschrecken Sie nicht, ich kann auf dem Sofa nicht schlafen. Wenn Sie mir erlauben, mich auf das andre Bett zu legen, verspreche ich Ihnen —“
Ellen lag fast die ganze Nacht durch wach — lange hatten sie noch miteinander gesprochen — die Gedanken kamen und gingen, während der fremde Mensch da neben ihr lag und schlief. War sie es wirklich selbst, die dieses sonderbare Abenteuer erlebte? — Sollte sie es Allersen erzählen — alles, — daß sie
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0605.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)