ihnen Reden über Ibsen und moderne Ideen. Wenn sie morgens in den Garten kommen, sitze ich im Kirschbaum, und sie müssen bitten, daß ich ihnen Kirschen hinunterwerfe. Die werden sich schwer hüten, mich zu heiraten. Überhaupt macht es mir furchtbaren Spaß, die Leute vor den Kopf zu stoßen, besonders diese aristokratische Bande.
Ich bin aus meinem Zimmer ausquartiert und wohne in einer Bodenkammer, droben ist ein plattes Dach, auf dem ich gestern nacht geschlafen habe, das war herrlich.
In acht Tagen fahre ich nach D … zu Tante Helmine und treffe Detlev dort. Leb wohl —“
D …, 25. Juni, vier Uhr morgens
Liebster Friedl — Detlev weiß alles — gestern abend habe ich es ihm gesagt, bis jetzt haben wir zusammen auf seinem Bett gesessen und gesprochen. Er war so furchtbar lieb, freut sich so an unserm Glück — und will uns helfen, so viel er kann. Jetzt hab ich ihn ganz wieder, wie in unsrer Kindheit. Dann hat er mir auch vieles von sich selbst erzählt, was ich noch nicht wußte — ich kann dir nicht sagen, wie es mich erschüttert hat und auch tief bewegt. Detlev fühlt sich ja so unglücklich und denkt nur an Maria N., ob sie ihn wohl doch noch lieben wird. Nicht wahr, wir wollen tun, was wir können, um ihn froher zu machen — Du bist ihm ja ein solcher Halt.“
3. Juli
„Morgen fährt Detlev nun fort zu Euch — ich mag ihn gar nicht hergeben, was haben wir hier für Abende gehabt, wenn die Tante zu Bett ist und wir noch stundenlang zusammen redeten, von Dir, von ihm und von allem. Auch über die Kreutzersonate haben wir viel gesprochen, hab Dank, daß Du sie schicktest. Ja, ich kann begreifen, wie sie Dich erschüttert hat, uns ist es ebenso gegangen, gerade durch all die furchtbaren Wahrheiten. — Mein Gott,
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 570. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0570.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)