von meinen besten Menschen werden. Ich will auch selbst mit Ihrer Mutter sprechen, die wohl einigen Grund hat, ungehalten über Sie zu sein.“ — Damit gab er ihr die Hand, und ihr liefen große Tränen übers Gesicht.
Als am nächsten Tage die Mutter kam, war Ellen weich wie Wachs. Und es ging viel besser ab, als sie gedacht hatte. Mama schien doch nicht ganz mit der Pröpstin einverstanden, sie sprach viel mit dem Pfarrer und war merkwürdig milde.
Vor der Beichte versöhnten sich die Konfirmandinnen untereinander und suchten auch die Lehrerinnen auf, um in vollem Frieden mit aller Welt das Abendmahl zu nehmen. — Ellen schloß sich von diesem Brauch aus: was haben die mir zu verzeihen, wenn ich mit mir selbst und dem lieben Gott im reinen bin? Dann mußten sie alle einzeln zur Pröpstin hereinkommen, man murmelte auch dort ein paar Worte von Verzeihen und bekam einen Kuß auf die Stirn: — du bist mir eine liebe Schülerin gewesen, gehe hin in Frieden.
Als Ellen kam, standen sie sich einen Augenblick gegenüber, beide in tödlichem Widerwillen, die alte Dame und das fünfzehnjährige Kind.
„Hast du mir nichts zu sagen, Ellen Olestjerne?“
„Nein.“
Auf die einzelnen Worte, die nun folgten, konnte Ellen sich nachher nicht mehr recht besinnen. Die Pröpstin sprach eine Art Fluch über sie aus und wies dann gebieterisch mit ihrem aristokratischen, wohlgepflegten Zeigefinger nach der Tür.
Später gingen die jungen Mädchen auf dem Gang hin und her, meist in ernsten Gesprächen, einige hatten auch große Sorge wegen der Kleider für morgen und wie sie das Haar tragen sollten. Trotz der Pröpstin war Ellen weich und froh gestimmt, das Wiedersehen mit der Mutter war überstanden und sie hatte Editha wieder, nach einer langen Unterredung.
„Siehst du, ich mußte die letzte Zeit etwas Rücksicht nehmen. Du weißt, ich bin von Kind an hier,
Fanny Gräfin zu Reventlow: Ellen Olestjerne. München: Albert Langen, 1925, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reventlow_Werke_0547.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)