Der Autor beklagt Seinen elenden Zustand. | 123 |
Die Flotte setzet sich 7. Meil von Columbo. Den 1. Junii folgend wurd Kriegs-Raht gehalten / und beschlossen / daß Unser General mit der Flotte weggehen / und unter Columbo, an eine Vestung dazu gehörig / und sieben Meil davon gelegen / Sich setzen solte / von welcher Vestung / etliche wenig Meil / ein bequemes Ort zu landen ist / Berberi genannt / welche Vestung die Portugäsen auch in Händen hatten / und von der ein freyer Paß auf Columbo gehet. Ich bin es Selbst dreymahl zu Fuß gegangen / und wann hoch Berberi. Wasser ist / so ist es schlim zu gehen / weil man nicht anderst: als am Meer marchiren kann / und mit blossen Füssen; Denn bald hat man Sand / bald Wasser / bald Stein / und sind die Schuhe da in India gar teuhr / weil ein Paar für zwey Reichsthaler bezahlt werden müssen / und wären doch keine acht Tag.
Dem Autor gehets hart. Weil sich nun Unser Sold an Strümf / und Schuhe / allein nicht wolte wenden lassen / hat Mich die Noht wohl gelehret einen Baarfüsser zu geben / und gedachte: Ländlich / sittlich / und wo man untern Wölfen ist / muß man mit heulen; wiewohl es vielen meinen Camerades, von guten vermöglichen Eltern gebohren / also schmertzlich gefallen ist / daß Sie Sich eine Kranckheit an Hals gekümmert / oder wohl für Traurigkeit gar gestorben sind. Allein es hiese bey mir / Patience par force;[WS 1] Und das hab Ich noch ehe dulden können / als das Wasser trinken / und solches nicht allezeit genug; manchen gantzen so brenn-heissen Tag / wie es in India sind / wohl nicht mehr als ein halb Maß / darinnen dannoch auf ein hundert Würmer sind / die einer mit einem Tuch vor dem Mund abseyhen muß / will Er das Wasser geniessen welches vorher schon ein dreymahl auf dem Schiff verstinken muß / ehe es zum Trinken dauchet. Ich gedachte manchmahl an meines Übel trincken auf den Schiffen. Vateers Keller / und wolte gern Wein haben Wein lassen seyn / so Ich nur eines Truncks Haus-Biers hätte können habhaft werden / und aus unserer Kuchen ein Stück guten Rind-Fleisches / da Ich so hundertmahl Mich mit einem kleinen Stücklein gesaltzenen Fleisches behelfen müssen / in der Wochen nur dreymahl noch dazu / und so gesaltzen / daß wohl fünf / oder sechs / Jahr schon im Saltz gelegen ist / und nicht viel Fleisch auf den Leib legen lässet; doch weil Ich sahe / daß anderst nicht seyn kunnte / lernete Ichs endlich leicht tragen / und da von Anfang die Holländer Mir den Namen gaben / Jung-verdorben / weil Ich so jung in Krieg kam / hiesen Sie Mich / da Ich ein Jahr im Land war / und in all Mein Glück / und Unglück / Mich zu schicken wuste / Leichthertz; welches dann bey dem gemeinen Volck / und Soldaten / in India / die Manier ist / daß Sie selten einen Der Autor verträgt Sein Creutz mit Gedult. bey Seinem rechten Namen ruffen / und so eines nach Hans Jacob Saar gefragt hätte / wurde Er Mich schwehrlicher erforschen haben können / als wann Er nach Hans Jacob Leichthertz gefragt hätte. Ich Selbst bin Jahr / und Tag / in einer Vestung gelegen / und hab nicht wissen können / wie ein jeder mit Seinem rechten Zunamen heise.
Unterdessen hab Ich etliche Brief nach Haus geschrieben / Anno 1647. 49. 52. 53. unter denen keiner / als nur der letzte / zurecht kommen / den Ich einem Frantzosen mitgegeben / Namens Carol Rubert von Roschelle / welcher gleichwohl meinem lieben Vatter Anno 1655. über Augspurg erst zukommen ist / und weil Ich gar keine Nachricht haben kunnte / ließ Ich alles Schreiben unterwegs / biß Ich Anno 1656. durch einen Landsmann / Herrn Martin Sothauer / Seiner Kunst einen Apothecker / und allhie gewesenenAnmerkungen (Wikisource)
- ↑ Patience par force - frz. für erzwungene Ruhe
Johann Jacob Saar: Ost-Indianische Funfzehen-Jährige Kriegs-Dienste, Nürnberg 1672, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ostindianische_Kriegsdienste_b123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)