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Seite:Oberamt Wangen 258.jpg

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Breite, den Kirchthurm als Mittelpunkt angenommen, 31/4 Stunden nördlich von Wangen, an dem Straßenknoten von Wurzach, Waldsee, Wolfegg nach Wangen und Isny, und an der Wolfegger Ach, die hier aus dem Zeller See tritt, dessen Niveau 1907 pariser Fuß oder 2162 württembergische Fuß beträgt. Kißlegg liegt ganz frei und eben auf einer rauhen Hochfläche, mit zahlreichen Torfmooren. Es befinden sich hier zwei Schlösser, welche nebst der schönen Kirche dem Ort schon von außen ein stattliches Ansehen geben, während die regelmäßige Anlage der breiten und gepflasterten Hauptstraße auch im Innern einen vortheilhaften Eindruck macht. Die Markung ist nicht vereinödet, und sämmtliche Äcker werden flürlich gebaut, Haber und Flachs, auch Hopfen sind die Hauptprodukte. Doch hat der Hopfenbau neuerdings den Runkelrüben theilweise weichen müssen. Grundherren sind die Fürsten von Waldburg-Wolfegg und Waldburg-Wurzach; die Grundherrschaft ist nach den Familien getheilt, gemeinschaftlich sind nur drei Häuser. Sämmtliche Güter sind Falllehen; Erblehen findet sich nur ein einziges. Die Zehnten sind getheilt zwischen den beiden fürstlichen Häusern, zum Theil aber auch der St. Katharinenkaplanei und dem Heil. Geisthospital zuständig. – Hauptgebäude sind: die Pfarrkirche zum heil. Gallus und heil. Ulrich, ein großes, sehr schönes, im Innern reich dekorirtes Gebäude mit einem hohen und zierlichen Thurm, erbaut in den Jahren 1734–38, mit einem Geldaufwand von 18.538 fl. Diese Kirche ist sehr sehenswürdig; sie besitzt eine kostbare und prunkvolle Kirchengarderobe, und einen reichen Schatz an Paramenten, Gefäßen, Reliquien, Bildern u. dergl., worunter besonders ein Kelch mit sehr feinen Emaille-Malereien Erwähnung verdient. Einer der vorzüglichsten Stifter dieses Kirchenschatzes war ein hiesiger Pfarrer um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, Lohr mit Namen, der in Gemeinschaft mit seiner Schwester ein Christusbild, ein Marienbild, die schweren, silbernen, reich verzierten Apostelbilder, und die der vier Kirchenlehrer, Gregorius, Ambrosius, Augustinus und Hieronymus stiftete. Im dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche geplündert, indem ein Bürger aus Kißlegg dem Feinde die verborgenen Kirchenschätze verrathen hatte. Das Patronatrecht wechselte hier und in Einthürnenberg zwischen den beiden fürstlichen Häusern; durch Vertrag vom Jahr 1711 aber gehört das zu Kißlegg dem Fürsten von Wolfegg, das zu Einthürnenberg dem Fürsten zu Wurzach. Die Parochie ist sehr ausgedehnt und begreift 1800 Seelen; ihre Filialien s. bei den Gemeinden Emmelhofen, Sommersried und Wiggenreute. Die Pfarrwohnung ist ein ansehnliches, massives, 1818–19 neu hergestelltes Gebäude. Die Baulast an Kirche und Pfarrhaus ruht auf der Kirchenfabrik,


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung_des_Oberamts_Wangen: Beschreibung des Oberamts Wangen. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta, 1841, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Wangen_258.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)