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Seite:Oberamt Leutkirch 204.png

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glaubt, jüngere, doch jedenfalls relativ sehr alte Kirche angebaut, an welcher man, bei einer Bauveränderung im Jahr 1831, zugemauerte kleine Fensteröffnungen entdeckt hat, deren Gestalt auf ein sehr hohes Alterthum hinweist,[1] und auffallend an die ähnlichen Öffnungen der bekannten Kapelle bei Belsen erinnert. Diese Pfarrkirche zum heil. Michael hat in neuern Zeiten bedeutende Verschönerungen, namentlich im Jahr 1829 einen einfach schönen Hochaltar mit einem guten Gemälde, die heil. Jungfrau vorstellend, im Jahr 1830 zwei kleine, aber hübsche Seitenaltäre und eine neue, gute Orgel erhalten. Zu bedauern ist nur, daß die Kirche für die Anzahl der Pfarrgenossen (gegen 1100) um vieles zu klein ist. Die Kirchenpflege hat 3100 fl. Kapital, 1 V. 21 Rth. eigenes Feld, und bezieht 125 fl. jährliche Grundgefälle. Zu der Pfarrei, die ehemals dem Landkapitel Isny zugetheilt war, gehören noch von den Gemeinden Wuchzenhofen: Ottmannshofen; von Mooshausen: Braitenbach und Rieden. Oberhausen und Watzenei, die früher auch dazu gehörten, wurden 1812 der Pfarrei Aitrach, und der k. bayer. Weiler Dilpertsried der k. bayer. Pfarrei Lauterach zugetheilt. Das Patronat steht dem Fürsten von Waldburg-Zeil-Trauchburg zu. Das ansehnliche und schön gelegene Pfarrhaus wird, wie auch die Kirche, von der Kirchenpflege unter Konkurrenz der Dezimatoren im Fall der Unzulänglichkeit der ersteren, im Bau erhalten.[2] Unter den früheren Pfarrern hinterließ ein gewisser Florian, der sich an die Spitze empörter Bauernhaufen stellte (s. oben) ein schlechtes Gedächtniß; im dankbaren Andenken aber lebt Matthäus Göser, der durch testamentarische Verordnung vom 15. August 1697 ein Kapital von 4000 fl. zu zwei Studienstipendien und zu einem Handwerksstipendium bestimmte, von denen das eine der beiden ersteren von der Standesherrschaft Zeil, das andere von der Standesherrschaft Wurzach, das letztere aber abwechselnd, das eine Jahr von Zeil, das andere von Wurzach, und das dritte Jahr von der Stadt Wangen vergeben wird. In den neuesten Zeiten lebte und starb auf dieser Pfarrei der ehemalige Domherr zu Augsburg, Graf Ferdinand Joseph von Waldburg-Zeil-Trauchburg, geb. den 4. Nov. 1766, gest. 1833. Das lebhafte Interesse, welches der allgemein hochverehrte Priester an der Geschichte seiner Pfarrei nahm, bezeugt eine von


  1. siehe den Aufsatz des Herrn Pfarrers Fürst in Aichstetten in den Württ. Jahrb. 1835, 2tes Heft S. 398 ff., bei welcher interessanten Darstellung nur zu bedauern ist, daß die, das dort Gesagte veranschaulichenden schönen Zeichnungen nicht auch einen Platz gefunden haben.
  2. Das Fürstliche Haus Wurzach erkennt übrigens seinerseits diese Verpflichtung nicht an, „da der Zehent von Petershausen erkauft und also als laical nicht bauconcurrenzpflichtig sey“.
Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_204.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)