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Seite:Oberamt Gmuend 407.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Kehren wir wieder zu Rechberg-Hinterweiler zurück.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 3 laufende, 9 Schöpf- und 8 Pumpbrunnen; wenn auf dem Kirchberg Wassermangel entsteht, so helfen der Schulbrunnen und der Seebrunnen aus. Quellen sind auf der Markung ziemlich reichlich, die bedeutendste der schon genannte Schulbrunnen beim Schulhaus. Das Wasser ist gut und klar, doch etwas kalkhaltig. Ein Feuersee ward vor 10 Jahren neu angelegt. Nur in ganz trockenen Jahrgängen tritt auch unten am Berg Wassermangel ein. Die Körperschaftsstraßen von Gmünd nach Süssen, nach Reichenbach und nach Ottenbach gehen hier durch.

Die Einwohner sind im Ganzen gesund und rüstig, Lungenentzündung, Lungenschwindsucht und Schleimfieber kommen am häufigsten vor; zwei Männer zählen gegenwärtig über 80 Jahre.

Die Haupterwerbsquellen bilden Feldbau und Viehzucht. Von den Handwerkern sind die Gipser, welche alle auswärts arbeiten, am stärksten vertreten; dann befinden sich im Ort mehrere Pfeifen- und Dosenmacher, welche ihre Waren aus Holzmasern verfertigen und um sehr billigen Preis auswärts verkaufen; bedeutender noch wird vom weiblichen Theil der Bevölkerung die Perlenbeutelstrickerei betrieben, die bis nach Holland ihren Absatz findet. Drei Schildwirthschaften, fünf Kramläden und einige Mühlen bestehen.

Die Vermögensverhältnisse sind mit wenig Ausnahmen geringer als in andern Gemeinden des Bezirks; der Begüterste besitzt 60, der Mittelmann 15, die ärmere Klasse 2 Morgen Feld. Zwei Personen erhalten Gemeindeunterstützung und einige Kinder sind in Erziehungsanstalten untergebracht. Auf der Markung Rechberg-Hinterweiler besitzt der Graf v. Rechberg 175 Morgen Feld und etwa 130 Morgen Wald; die Feldgüter liegen zerstreut und sind verpachtet. Bei den Parzellen ist das Vereinödungssystem eingeführt und es sind 7 Höfe vorhanden, zu denen je 100–200 Morgen Grundeigenthum gehören.

Die nicht große Markung, von der überdieß ein namhafter Theil mit Wald bestockt ist oder öde liegt (Rechberg), hat im allgemeinen eine meist unebene von Thälchen und Rinnen vielfältig durchzogene Lage und einen ziemlich fruchtbaren, theils lehmigen, theils sandig lehmigen, auch kalkreichen Boden, der sich aus den Zersetzungen des braunen und des weißen Jura gebildet hat; an einzelnen Stellen ist der Boden humusreich und in den Thälern haben sich Alluvionen abgelagert, die den Wiesenbau sehr begünstigen. Auf der Markung gewinnt man den weißen Jurakalk und den Sandstein des braunen Jura, der auch auswärts verwendet wird.

Das Klima ist im allgemeinen rauh, die Nächte auch den Sommer über kühl, dagegen der Vorwinter regelmäßig milder als im Thal; Frühlingsfröste kommen gerade nicht häufig vor, um so mehr aber wegen der hohen freien Berge heftige Winde und Stürme.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_407.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)