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Seite:OAMünsingen028.png

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Trailfingen und Gruorn. Diese Orte bildeten bisher durch ihre Ortsvorsteher unter dem Vorsitze des Oberamtmanns ein gemeinschaftliches Hardtgericht, welches sich zu Münsingen, in der Hardtstadt versammelte, Streitigkeiten im Hardt entschied, den gemeinschaftlichen Holzschlag ordnete, den Anfang und die Dauer der Mähder-Heuernte festsetzte und die Zeit des offenen Weidgangs bestimmte. Die Holznutzung war so vertheilt, daß der Hardtstadt die Hälfte, den 4 Hardtflecken aber die andere Hälfte, je zu gleichen Theilen davon zukam; seit 1823 aber sind die Waldungen behufs einer bessern Bewirthschaftung unter die 5 Hardtorte für immer vertheilt. Die Mähder werden einmal abgemäht, dann von den Hardtorten beweidet.

Während der Heuernte wimmelt es von Menschen im Hardte. Die Weide ist vortrefflich, und wird hauptsächlich für das Schmalvieh benutzt. Jede Hardtgemeinde hält ihre besondere Hardtheerde Schmalrinder und Jährlinge (Reiber). Die Münsinger Heerde hat das Vorrecht, auch in dem Hardte zu übernachten, und bleibt deßwegen immer draußen, bis der ganze Weidegang beendigt ist. Das junge Vieh, welches auf diese Art sehr rauh erzogen wird, wird eben deßwegen, trotz seiner Unscheinbarkeit gern gekauft.

Es ist zu erwarten, daß bei der oben bemerkten Wäldervertheilung wenigstens die Holzcultur gewinne; andern Culturen aber ist das Weiderecht hinderlich, welches auch die Holzcultur befeindet und die Wiesen auf Eine Mahd beschränkt. Der Herzog Carl, der sich um die Cultur des Vaterlandes so mannichfaltig verdient gemacht hat, wollte gegen das Ende seiner Regierung auch noch das Hardt anbauen und Höfe darin anlegen: allein die Sache fand Schwierigkeiten und unterblieb.

Historisch ist das Hardt mit seiner Verwaltung eine merkwürdige Erscheinung, indem sich darin unläugbar noch ein Überrest der uralten Markgenossenschaft findet, womit die Cultur unsers Vaterlands begonnen hat. [1]


  1. Vergl. Eichhorn deutsche Staats- und Rechtsgeschichte. Bd. I § 14 und 84.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Münsingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1825, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAM%C3%BCnsingen028.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)