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Seite:OABoeblingen144.png

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144 Ortsbeschreibung.


7. Dätzingen,

ein 3 Stunden nordwestlich von Böblingen gelegenes Pfarrdorf, der einzige katholische Ort des Bezirks mit 640 Einwohnern, worunter 5 evangelische. Der nicht große, reinliche Ort, durch den die Poststraße von Böblingen nach Calw führt, liegt in dem engen, wiesenreichen Thale des Altbachs, dessen meist kultivirten Gehänge ziemlich hoch, aber nicht besonders steil sind. Die schöne, freundliche Kirche, das ansehnliche, dem Grafen von Dillen gehörige Schloß mit seinen Gartenanlagen und einige hübsche Häuser an der Landstraße verleihen demselben ein freundliches Aussehen und zeichnen ihn vor andern Orten des Bezirks vortheilhaft aus. Vortreffliches Trinkwasser spenden fünf Rohrbrunnen und überdieß fließt der nie vertrocknende Altbach, welcher in den gräflich Dillenschen Anlagen zu einem Weiher geschwellt wird, mitten durch das Dorf. Unfern dieses Weihers befindet sich noch ein kleiner See in den Anlagen, so daß demnach für alle eintretenden Fälle hinreichend Wasser vorhanden ist. Der Altbach, welcher im Ort eine Sägemühle und 1/8 Stunde unterhalb desselben eine Mahlmühle treibt, mündet 1/4 Stunde östlich von Dätzingen in die Würm. Die Luft ist etwas rauh und trocken; die Sommernächte sind mehr kühl als warm und Frühlingsfröste nicht selten. Die Ernte tritt um 8 Tage später als in dem nur eine Stunde entfernten Weil der Stadt ein und beinahe 14 Tage später als im Unterland. Schädliche Gewitter sind selten, da die meisten entweder dem Nagoldthale oder dem Gäu zuziehen; eine Ausnahme hievon machte der Jahrgang 1834, in welchem beinahe die ganze Markung vom Hagel getroffen wurde. An der nördlichen Seite des Orts liegt auf einer etwas erhabenen Stelle die im modernen Rundbogenstyl gehaltene Pfarrkirche zum heiligen Leonhard, welche König Friedrich im Jahr 1812/13 auf Staatskosten erbauen ließ. Sie ist in ihrem Innern hell und sehr geräumig, mehrere Ölgemälde, unter denen eines, Christus am Kreuze vorstellend, das beste ist, zieren die freundliche, durchaus weiß getünchte Kirche. Eine vortreffliche, aus dem Kloster Löwenthal hieher gebrachte Orgel in Rococcofassung, steht an der westlichen Giebelseite der Kirche. Der viereckige Thurm, ein sogenannter Dachreiter, mit flach gedrücktem vierseitigem Zeltdache, sitzt auf dem östlichen Giebel. Auf ihm hängen 2 Glocken, von denen die größte folgende wegen ihres Alters sehr interessante Inschrift hat: »fundata est kampana a magistro heimo de tuwingen ab incarnacione domini anno 1306.« Die kleinere, nach ihrer Form noch ältere, hat weder Inschrift noch Zeichen. Beide Glocken waren früher in der alten Schloßkirche,


Empfohlene Zitierweise:
Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen144.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)