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liebwertheste Herr Doctor sagen, die Fee Briscarlatina!“[1] Sie ging nun auf mein armes Aennchen zu, beugte sich murmelnd über sie, wie segnend, mit den Worten:
„Kurze Waare,
Rother Tod;
Kurze Noth,
Und kurze Bahre!“
„Wär’ Numero Drei und Siebenzig also!“ Sie schritt vornehm die Stube auf und ab, dann blieb sie plötzlich vor mir stehn und klopfte mir gar freundlich kichernd auf die Backen. Mich wandelte ein unbeschreiblich Grauen an, ich wollte entspringen, wollte laut schreien, doch keins von beiden war ich im Stande. Endlich, indem sie steif und strack auf die Wand losging, verschwand sie in derselben.
- ↑ Viele Jahre nachher, als ich diese Geschichte gelegentlich vor einer Gesellschaft erzählte, that sich ein junger Arzt nicht wenig auf die Entdeckung zu gut, daß jene Worte weiter nichts als eine sonderbare Verstümmelung des lateinischen Namens Febris scarlatina seien. Der nämliche Gelbschnabel setzte mir dabei sehr gründlich auseinander, die ganze Erscheinung sei ein bloßes Phantasma gewesen, der fieberhafte Vorbote meiner bereits erfolgten Ansteckung; auf gleiche Weise pflege sich in Ungarn das gelbe Fieber anzukündigen.
Anmerkung des Hofraths.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_071.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_071.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)