Auch sei hier eines Konzerts gedacht, womit ein paar Jahre später die Kölner ein denkwürdiges und erfreuliches Ereigniss in dem Gürzenich-Saal feierten, nämlich des am 13. November 1850 zur Feier der Erhebung des Erzbischofs Johannes von Geissel zum Kardinal der römischen Kirche veranstalteten grossen Konzerts. Dasselbe bildete ein schönes Glied in der Reihenfolge von Festlichkeiten, womit die Stadt diesen Ehrentag auszeichnete.
In Gemeinde-Angelegenheiten und zu politischen Zwecken ist der Saal in den letzten Jahrzehnten oftmal der Sammelplatz von den verschiedenartigsten Gesinnungen bewegter und erregter Volksmassen gewesen.
Der untere Raum des Hauses Gürzenich blieb noch lange zur Waarenniederlage bestimmt. Es befanden sich darunter Gegenstände, die ihren keineswegs angenehmen Geruch mehr oder weniger zu dem Saal aufsteigen liessen. Der Gemeinderath verordnete daher im Jahre 1865, dass „Fische, Käse, Butter und dergleichen“ daselbst nicht mehr aufgenommen werden sollten. Seit 1878 ist die Börse dorthin verlegt, nachdem eine genügende bauliche Einrichtung zu diesem Zweck vorgenommen worden.
Zum Schluss ist noch über sehr eingreifende, die Grossartigkeit des Festlokals wesentlich hebende Veränderungen zu berichten, welche die neueste Zeit gebracht hat[1]. Der so lange verwahrloste Zustand des Saales, die mangelhafte Einrichtung desselben, welche weder den räumlichen Erfordernissen für grosse Festlichkeiten, noch den akustischen Verhältnissen und noch weniger den Ansprüchen unserer Zeit an Bequemlichkeit, Geschmack und Glanz genügte, veranlassten beim jedesmaligen Gebrauch des Saales ausserordentliche Ausgaben für Aufbau von Treppen an der Aussenseite, von Gerüsten und Bühnen im Innern, Ausschmückung und Verzierung des Ganzen. Freilich war dadurch der Phantasie der dekorirenden Künstler ein willkommener Spielraum gelassen, und der Gürzenich-Saal erschien z. B. bei den Karnevalsbällen bald als ein reizender Garten mit Blumen und blühenden Sträuchern, mit Bäumen und Springbrunnen, bald als ein gothischer Rittersaal, oder als ein märchenhafter Aufenthalt, in welchem alte und neue Zeit, Morgen- und Abendland, Ernst und Laune sich ein Stelldichein gegeben hatten und die
- ↑ Vgl. Der Gürzenich-Bau in Köln, in der Kölnischen Zeitung 1855, Nr. 131 u. 132.
Johann Jakob Merlo: Haus Gürzenich zu Köln, sein Saal und dessen Feste. Selbstverlag des Verfassers, Köln 1885, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merlo_-_Haus_G%C3%BCrzenich_zu_K%C3%B6ln_-_63.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)