Er warb ebenso wie noch der letzte von ihnen: Wallenstein sein Heer auf seinen Namen und aus seinen Mitteln an, in seine Taschen floß auch ein Anteil der Beute, die das Heer machte, und natürlich pflegte er sich auszubedingen, daß von dem Fürsten oder König oder Kaiser an ihn eine bestimmte Summe als Entgelt für seine Leistung und für Deckung seiner Kosten abgeführt werde. In etwas weniger selbständiger Weise war auch noch im 18. Jahrhundert der Oberst ein Unternehmer, der seinerseits die Rekruten anzuwerben und zu kleiden hatte, zwar teilweise auf die Magazine des Fürsten angewiesen war, immer aber weitgehend auf eigene Gefahr und zu eigenem Gewinn wirtschaftete. Es galt also der privatwirtschaftliche Betrieb der Kriegsführung als ganz normal, was uns heute ungeheuerlich dünken würde.
Auf der andern Seite würde es keine mittelalterliche Stadt oder Zunft jemals für denkbar gehalten haben, daß man die Getreideversorgung der Stadt oder die Versorgung der Zunft mit den zu importierenden unentbehrlichen Rohstoffen für die Arbeit ihrer Meister einfach dem freien Handel überlassen könnte. Sondern von der Antike angefangen, im großen Maßstabe in Rom, hatte durch das ganze Mittelalter hindurch die Stadt dafür zu sorgen, nicht der freie Handel, der nur die Ergänzung war. Ungefähr so wie jetzt in den Zeiten der Kriegswirtschaft ein Zusammenarbeiten, eine „Durchstaatlichung“, wie das jetzt gern genannt wird, breiter Zweige der Wirtschaft vorhanden ist.
Das Charakteristische unserer heutigen Situation ist nun, daß die Privatwirtschaft, verbunden mit privater bürokratischer Organisation und also mit Trennung des Arbeiters von den Betriebsmitteln, ein Gebiet beherrscht, welches diese beiden Züge gemeinsam noch niemals in diesem Umfange in der Weltgeschichte getragen hat: das ist die gewerbliche Produktion, und daß dieser Prozeß zusammenfällt mit der Schaffung der maschinellen Produktion innerhalb der Fabrik, also mit einer örtlichen Zusammenhäufung von Arbeitskräften innerhalb einer und derselben Räumlichkeit, Gebundenheit an die Maschine und gemeinsamer Arbeitsdisziplin innerhalb des Maschinensaales oder Bergwerkes. Die Disziplin erst gibt der heutigen Art der „Trennung“ des Arbeiters von den Arbeitsmitteln ihre spezifische Note.
Aus dieser Lebenslage, aus der Fabriksdisziplin heraus, ist
Max Weber: Der Sozialismus, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Max_Weber_-_Der_Sozialismus_Seite_12.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)