bekommen, die wie Regenbäche für einen Augenblick aufschwellen, verächtliche, kleine Seelen, die sich jeden Volkstumult zu Nutzen machen, trotzig ihr Haupt zu erheben und oben zu schwimmen, dann aber gleich wieder sich ducken und geräuschlos verschwinden, wie leise Abendwinde? so einen treulosen Hyperides, der sich kein Gewissen daraus machte, um dem Pöbel zu schmeicheln, an dem Freunde zum Verräther zu werden, den Demosthenes anzuschwärzen, und sich zum Werkzeuge von Schändlichkeiten herzugeben, welche Diejenigen selbst bald genug bereuten, denen er zu Willen gewesen. Denn nicht lange nach jenen Verläumdungen ward Demosthenes, wie wir wissen, ehrenvoller noch als einst, Alcibiades in seine Vaterstadt zurückberufen. Aber den Hyperides ließ dieß gleichgültig, und er entblödete sich nicht, gegen seine besten Freund eine Zunge zu gebrauchen, welche dem Schurken längst hätte ausgeschnitten werden sollen.
32. Archias. Aber war denn Demosthenes nicht der feindseligste unter unsern Feinden?
Antipater. Nicht in den Augen Desjenigen, der auf einen aufrichtigen Charakter Etwas hält, und ein Freund ist jeder ehrlichen und unwandelbaren Denkungsart. Das Löbliche ist auch am Feinde löblich, und jede Tugend, Wer sie auch besitze, ist ehrenwerth. Ich denke nicht niedriger als Xerxes, der die Lacedämonier Bulis und Sperchis aus Bewunderung ihrer Tugend freiließ, da er sie hätte tödten lassen können. Wenn ich je einen Sterblichen bewunderte, so war es Demosthenes, mit welchem ich zweimal zu Athen selbst, wiewohl eben nicht in behaglicher Musse, zusammen gewesen war, und den ich theils aus Schilderungen Anderer,
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1772.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)