„Das werde ich,“ versetzte ich, noch ehe ich wußte, worin mein Sold bestehen würde. „Es ist mir,“ fuhr er fort, „zufälligerweise eine Schrift, Denkwürdigkeiten der Macedonischen Königs-Familie enthaltend, in die Hände gerathen, woran ich so ungemeines Gefallen fand, daß ich das Buch um einen ziemlich hohen Preis käuflich an mich brachte. Eben fällt mir bei, daß unter anderen Erzählungen aus dem Privatleben des Antipater, auch eine darin enthalten ist, welche den Demosthenes angeht, und welche ohne Zweifel Interesse für dich haben wird. Ich habe das Buch zu Hause.“ „Nun,“ erwiederte ich, „für diese angenehme Nachricht kann ich dir nicht anders danken, als daß ich dich bitte, mir auch das Uebrige deines Gedichtes vorzulesen. Und dann werde ich dir nicht eher von der Seite gehen, bis du dein Versprechen ins Werk gesetzt hast. Wie schön, daß du mir, nachdem ich von dir, Homer’s Geburtstag zu Ehren, so herrlich bewirthet worden, nun auch wegen Demosthenes dasselbe Fest bereiten willst!“
27. Thersagoras las mir jetzt seine Handschrift vollends zu Ende, und nachdem ich seiner Dichtung das verdiente Lob gespendet hatte, gingen wir zusammen nach seiner Wohnung. Nach langem Suchen fand er endlich das Buch und gab es mir. Ungesäumt ging ich damit nach Hause, las, und fand, daß das Beste seyn würde, euch dasselbe, so wie es ist, ohne ein Wort daran zu ändern, vorzulesen. Ist darum Aesculap weniger geehrt, wenn man, statt immer mit neuen und selbst gefertigten Hymnen in seinen Tempel zu kommen, die Gesänge des Alisodemus aus Trözen, oder des Sophocles absingt?
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1769. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1769.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)